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Der folgende Text ist auf der Reise selbst kurz vor dem Ausstieg in Singapur entstanden:


Südseewolken oder  wie ich unter die Kreuzfahrer geriet

Die ersten Exemplare der Gattung "KreuzfahrerInnen" sind mir in Valparaiso aufgefallen. Es sind vertraute Gesichter , wie ich sie aus dem hessischen Heimatdorf meiner Jugendzeit kenne. Aber in Valparaiso streifen sie mit verängstigtem Blick umher, die Maxim Gorkij liegt schon vor Anker, sie haben den schützenden Stahlkoloß verlassen  und laufen nun in einer fremden Stadt umher. Überall könnten Feinde lauern. In einer Gaststätte höre ich russische Laute, Frauen der Crew auf Landgang. Sie sehen erschöpft aus und lassen sich nun auch mal bedienen. Nicht nur im Mittelalter auch jetzt hat der Kreuzfahrer viele Dienstboten. Sie kommen aus Russland, aus Indonesien aber meist aus den Philippinen. "Darf ich abräumen, noch Wein oder Kaffee, bitte", die Kreuzfahrer erweitern den Wortschatz der Dienstboten erheblich. Während die Russinnen eher zurückhaltend und manchmal ihr Leiden als Dienstboten zu erkennen geben, so lächeln die Asiatinnen immer und unentwegt. Das hat der Kreuzfahrer gerne, denn auch früher hat er unterwürfige Untertanen zu schätzen gewußt. Der Grad der Dienstbarkeit und Unterwerfung sollen unbestätigten Gerüchten zufolge entscheidend sein für die Höhe der Trinkgelder.
Der moderne Kreuzfahrer unterscheidet sich erheblich von seinem mittelalterlichen Vorgänger. Im Gegensatz zu diesem will er nicht erobern, auch nicht missionieren, aber er will sagen können, ich war schon dort. Ist er dort, braucht er nicht nur landschaftliche Schönheit, eine großartige Fauna und Flora, nein, auch Einheimische müssen ins Bild. Allerdings, im Gegensatz zu Affenbrotbäumen und Riffhaien kann man diesen nicht trauen, denn der Einheimische will hauptsächlich an das Geld der Kreuzfahrer heran und ihn bescheissen, ihm wertlosen Tand verkaufen und ihn grundsätzlich übervorteilen. Deswegen muss man unentwegt mit ihm handeln. Dabei bleibt der Einheimische meist freundlich und lächelt, während der Kreuzfahrer keift und zetert. Wieder an Bord zieht er Bilanz, wieviele schöne Bilder oder Videos er gemacht hat und wieviele saubillige Schnäppchen, aber bitte ganz echte Perlen zum Beispiel, er erworben hat. Am liebsten hat er den Einheimischen, wenn er weiblich ist, obenherum nur zwei halbierte Kokosnüsse als BH trägt, untenherum sich ein Baströckchen und auf dem Kopf ein Blumenkranz windet. Letzteres zieht er auch schon mal an, allerdings wären die halbierten Kokosnüsse auch zu klein für die Brüste der meisten Kreuzfahrerinnen. Einheimische Männer sind weniger beliebt, es sei denn, sie führen in Baströcken Kriegstänze auf.

Hat der Kreuzfahrer eine der kurzzeitig eroberten Insel verlassen, so kommt meist ein Seetag. An diesem kann er wirklich er selbst sein und das Preis-Leistungs-Verhältnis so richtig auskosten. Kreuzfahrten kosten Geld, ordentlich sogar, so viele wollen an das Geld der Kreuzfahrer heran. Das muss vorher verdient werden und das dauert. Deswegen ist der durchschnittliche Kreuzfahrer mindestens 60 Jahre alt und oft sehr viel älter. Der harte Kampf, den er in seinen entbehrungsreichen jüngeren Jahren um die Vermehrung des Sozialprodukts geführt hat, hat in den Gesichtern tiefe Spuren hinterlassen. Falten über Falten, nicht nur Alters- vor allem Sorgenfalten. Man kannte nur Arbeit. Häufig sind die Falten zu Speckwülsten verformt, der langjährige Frust musste schließlich kompensiert werden. Kreuzfahrer schleppen oft gewaltige Kilomassen durch die Welt, wie kommen die Leute bloß mit den Stühlen zurecht? Außer bei den Mahlzeiten, fünf bis sechs pro Tag (Frühstück, gelegentlich Frühschoppen mit Haxe und Sauerkraut, Mittagessen mit vielen Gängen, Nachmittags Kaffee und Kuchen, Abendessen, Late night snack um elf) sitzt man nicht oft darin. Denn zwischen den Mahlzeiten werden die Fleischmassen gut gecremt der südlichen Sonne dargeboten. Die scheint  in den Tropen immer, aber häufig versteckt sie sich hinter Wolken, Südseewolken. Das Ozonloch, ja wo ist es denn, die Kreuzfahrer können es nicht sehen und kümmern sich nicht.

Ist der Sonne genug, so wird das welke Fleisch in Pareos gehüllt, die Herren bevorzugen Hawaihemden, die den straffen Bauch umschließen. Am schönsten ist alles beim Südseefest auf dem Sportdeck, dann ist die Sportfläche gefüllt mit gebräunten Körpern, umhüllt mit Pareos und Hawaihemden, auf jedem Kopf ein Blumenkranz, der den Haarkranz der Herren optisch hervorhebt. Und alle heben dann die Arme, lassen sie im Takt schwenken wie die Südseewellen. Dann singen sie das "Bora Bora Lied" von Tony Marschal und sind endlich glücklich.



Der Autor weist daraufhin, dass auch bei ihm am Ende der Pazifiküberquerung zum ersten Mal im Leben drei Ziffern vor dem Komma auf der Waage erschienen. Weltreisen fordern  Opfer.



Wohin hat es mich nun verschlagen an Bord der Maxim Gorkij und der Albatros? Zunächst eine kurze Charakterisierung der Maxim Gorkij: Sie ist inzwischen ein betagtes Schiff, aber ein historisches Schiff. Auf ihm fand  1989 das Treffen von Michail Gorbatschow und George Bush senior vor Malta statt, auf dem die atomare Abrüstung zwischen den Supermächten beschlossen wurde. Zwei Räume, die Bibliothek und nebenan der Konferenzraum sind seitdem nicht verändert worden. Kurze Zeit später war das Schiff schon wieder in den Schlagzeilen, es war von  einem Treibeisfeld  nördlich von Spitzbergen am Bug aufgeschlitzt worden. Alle Passagiere mussten raus aufs Treibeis, die Rettungsboote wären zerquetscht worden. Die norwegische Marine hat sie von dort geborgen, niemandem war etwas passiert. Das Schiff konnte gerettet werden. Es fährt heute für ein Moskauer Unternehmen im Auftrag eines Bonner Reiseveranstalters unter der Flagge der Bahamas. Das Personal ist fast ausschließlich russisch. Jedes Jahr, wenn in Europa die Saison zu Ende ist, geht das Schiff auf Weltreise, aber jetzt soll es außer Dienst gestellt werden weil es einen Turbinenantrieb hat und der ist angeblich zu teuer. 

Robinson Crusoe Insel

Nachdem wir im Hafen von Coquimbo den südamerikanischen Kontinent entgültig verlassen haben, läuft das Schiff nach einem Tag auf See die Robinson Crusoe Insel an. Alexander Selkirk, das historische Vorbild für den Roman, war hier ausgesetzt worden und hat dort wirklich mehrere Jahre in einer Höhle gelebt. Der Schotte war vom Kapitän wegen verschiedener Vergehen bestraft worden und wurde einige Jahre später dort gefunden. Die Insel gehört geografisch zur Gruppe der Juan Fernadez Inseln, politisch zu Chile. Spektakulär ist die Insel nicht, es gibt nur einen verschlafenen Ort, fast keinen Autoverkehr, einige Sommergäste aus Chile und ansonsten ganz viel wunderbare Natur.

Osterinsel



Volle drei Tage Fahrt von der Robinson Crusoe Insel entfernt liegt das Traumziel der Kreuzfahrer in diesem Reiseabschnitt, die legendäre Osterinsel. Sie ist genauso berühmt wie einsam, aber die Amerikaner haben auf der mit 3000 Einwohner relativ großen Insel eine gigantische Landebahn gebaut, falls das Space Shuttle einmal unplanmäßig im Südpazifik notlanden muss. Heute landen hier hauptsächlich Touristenflugzeuge aus Chile, zu der die Insel politisch gehört. Was zieht die Leute hierher, keine Frage, die Mohais auf ihren Ahus. Die merkwürdigen, auf der Welt einzigartigen  Steinskulpturen gehören zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten meiner Reise. Sie sind so orginär, dass viele Leute die sehr teuren Flüge bezahlen um sie zu sehen. Wir werden in einem Bus geruhsam einen Tag über die Insel kutschiert, gut so, denn etwas Ruhe braucht man, um die Steinkolosse auf sich wirken zu lassen. Alle stehenden sind restauriert erst in den letzten Jahrzehnten aufgestellt worden.

Die große Masse liegt verstreut und umgestürzt über die Insel verstreut. Die Arbeiten an den Figuren wurden vor der Ankunft der ersten Europäer im 17. Jahrh. eingestellt, vermutlich wegen kriegerischer Auseinandersetzungen der verschiedenen polynesischen Stämme und Schichten, die Insel war übervölkert. Eine Skulptur ist noch Teil des Steinbruchs, aus dem alle Figuren stammen. Sie wurde nie fertiggestellt. Alle aufgestellten Figuren blicken ins Innere der Insel. Die Ahus genannten Plattformen, auf denen sie stehen, gibt es auch auf anderen Inseln, z.B. auf  Huahine, wohin wir später kommen sollten. Aber die Steinkolosse gibt es nur hier.

Pitcairn

Wieder zwei Tagesreisen weiter liegt einsam und verlassen im Ozean die Insel Pitcairn. Was ist an dieser Insel so besonderes? Nun, in jeder Richtung ist die Insel mindestens 2000 km weg von der nächsten bewohnten Insel, kein Flugplatz, 2 km breit, 5 km lang, alle paar Monate ein Versorgungsschiff aus Neuseeland, 50 Einwohner. Das Thema von Pitcairn ist, wie lebt es sich auf einer garantiert einsamen Insel, denn wer von uns war irgendwann nicht reif für die Insel. Einsamkeit hat sie bekannt gemacht, denn hier haben sich die Meuterer von der Bounty vor der britischen Marine versteckt im 18 Jahrh.  Fletcher Christian, der Anführer der Meuterei gegen den bösen Kapitän Bligh hat sie dorthin gebracht, sie war da wo laut Seekarten keine Insel hätte sein dürfen, holländische Seefahrer hatten sie falsch kartiert. Die Rechnung war aufgegangen. Erst nach 30 Jahren kam zufällig ein amerikanischer Walfänger vorbei, die britische Marine hatte die Meuterer nie gefunden. Aber nur noch ein Meuterer war bei Ankunft der Amerikaner am Leben, John Adams.

Was war passiert? Die Meuterer hatten eine ausgesprochen rassistische Gesellschaftsordnung errichtet. Sie waren mit polynesischen Frauen und Männern aus Tahiti hierher gekommen. Die 9 polynesischen Männer wurden bei der Landzuteilung nicht berücksichtigt. Sie sollten außerdem mit 2 Frauen vorlieb nehmen, von den 11 Weißen hatte jeder eine Frau. Mord und Todschlag waren angesagt, die Bounty war versenkt worden, ihr Wrack liegt bis heute etwa 50 m vom Ufer entfernt. Eine Flucht war nicht möglich.

John Adams war der einzige überlebende Mann. Ihn und eine der polynesischen Frauen haben die heutigen Bewohner als Ahnen. Sie sehen teils schottisch, teils polynesisch aus. Vor ein paar Jahren geriet die Insel in die Schlagzeilen. Eine under-cover ermittende neuseeländische Polizistin, sie hatte sich als Einsamkeit suchende Touristin ausgegeben, war Gerüchten nachgegangen, dass Mädchen auf Pitcairn, kaum dass sie geschlechtsreif waren, von den Männern der Insel zum Geschlechtsverkehr genötigt wurden. Teilweise war Gewalt im Spiel. 10 Männer einschließlich des Bürgermeisters, fast alle erwachsenen Männer der Insel, waren angeklagt. Der Prozess sollte erst in Neuseeland stattfinden, das aber wurde durch den Protest der Frauen auf der Insel verhindert. Denn das Fahren mit den schweren Long-boats der Insel ebenso wie das Fischen ist Männerarbeit. Fisch ist bis heute überlebenswichtig. Die Versorgungsschiffe können an der kleinen Mole nicht anlegen, die long-boats müssen die Ladung bei meist hoher Dünung an Land bringen. Das Leben auf der Insel wäre fast unmöglich geworden. Der Prozess fand schließlich auf der Insel statt im Gemeindehaus. 7 Männer wurden verurteilt, mussten zuerst nach Neuseeland ins Gefängnis, sind aber nun auf der Insel inhaftiert, gehen tagsüber wieder ihrer Arbeit nach. 

Anfang Februar ist auf Pitcairn Kreuzfahrt-Saison. Alle weltreisenden Kreuzfahrer kommen hier vorbei, bei Annäherung an die Insel wird es spannend. Auf allen Inseln, die wir angelaufen haben, außer in Tahiti, Viti Levu (Fitschi) und der Nordinsel von Neuseeland muss ausgebootet werden. Das kann auch auf der Osterinsel schwierig werden, denn dort wie auf Pitcairn gibt es keine schützenden Korallenriffe. Normalerweise geschieht das mit den eigenen Rettungsbooten über die Gangway. Nicht so auf Pitcairn. Dort machen das die Inselbewohner selbst mit den besagten Long Boats. Die Dünung ist meist so hoch, dass das Ausbooten nur über die Jakobsleiter möglich ist. Der Kreuzfahrtdirektor berichtet, dass bei 9 von 10 Anfahrten auf Pitcairn das Ausbooten nicht möglich war, die Inselbewohner kommen dann ihrerseits an Bord.

Ausbooten auf Pitcairn ist also eine der höchsten Weihen, die ein Kreuzfahrer empfangen kann. Wir konnten runter, aber die Teilnehmer der ersten Fuhre stellten sich so dämlich an, dass der Kapitän das Ausbooten abbrechen wollte, er befahl, dass nur noch sportliche junge Männer runter durften. Ich war einer von ihnen. Der Protest der sportlichen jungen Frauen ließ nicht lange auf sich warten. Der Ozean hatte ein Einsehen und wurde ruhiger, wir trafen sie später beim Inselrundgang.
                               
Rangiroa

Wiederum zwei Tage später haben wir die Gegend der Welt erreicht, die in Deutschland gemeinhin als Südsee bezeichnet wird, den Tuamoto Archipel  mit den Gesellschaftsinseln, politisch Französisch Polynesien. Schon am zweiten Fahrtag säumen von Kokospalmen bestandene Inseln den Horizont, genannt werden sie Atolle. Es sind Korallenriffe, die auf unterozeanischen toten Vulkansockeln ruhen und eine Lagune umschließen. Rangiroa ist das größte Atoll des Südpazifik. Das Schiff fährt durch eine 100 m breite natürliche Öffnung in der Lagune. Das Wasser ist glatt und klar. Wir können Moränen, Riffhaie, Papagaienfische und viel anderes Meeresgetier erkennen. Das Atoll selbst hat lediglich eine Breite von ca. 500 m, der Korallenboden ist ziemlich unfruchtbar bis auf die Kokospalmen, die üppig wachsen. Ein großes Problem ist Trinkwasser, der Korallenboden ist porös, Regenwasser muss in Zisternen gesammelt werden.  Die meisten Atolle sind daher nicht bewohnt. Die Bewohner klagen über das teure Leben, alles wird aus Tahiti herübergeschafft, viele Kinder betteln oder machen kleine Kunststückchen für einen Dollar.

Tahiti

In Papete, der Hauptstadt Französisch Polynesiens, befällt mich ein massiver "Südsee Koller". Obwohl das Inselinnere sehr schön ist, will ich hier schleunigst wieder weg. Aber gerade hierher muss ich nach den drei nächsten Inseln mit der Maxim Gorkij zurück, um auf die Albatros umzusteigen, die mich nach Australien und weiter nach Singapur bringen soll. Das ist hart, denn die größte Stadt zwischen Chile und Neuseeland ist ein extrem teures Kaff, in dem ab 17 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden, dann schließen die Geschäfte und die Innenstadt glänzt mit heruntergelassenen Rollläden. Hinano Bier ist das beste was es hier gibt, es ist wirklich gut, aber in den wenigen Kneipen am Hafen kostet ein Glas 15 US-Dollar.

Bora Bora

                           Bora Bora he
                           mein Paradies im Sommerwind
                           wo alle Menschen glücklich sind
                           wo allen gleich die Sonne scheint
                           ist jeder des anderen Freund
                                                                                                        

                                                                Tony Marschall
                                                                   
 Lieder lügen!  Wenn dieser Ausspruch zutrifft, dann auf Bora Bora. Die Insel mit dem markanten Berg liegt westlich von Tahiti und ist von weitem zu sehen eben wegen des Berges. Tony Marschall hat es fertig gebracht, Südsee und Bora Bora in den Augen von Lieschen Müller und Fritz Schulze synonym zu setzen sind. Der ernücherte Weltreisende stellt fest, alles ist noch teurer als in Tahiti, die schicken Bungalow Hotels in der Lagune stehen oft leer, weil selbst reiche Leute sie nicht bezahlen können. Auf der Inselstraße ein Verkehr wie auf der Berliner Stadtautobahn, großkotzige Jachten bevölkern die Lagune. Die Albatros liegt an diesem Tag auch da, sie hat Tony Marschall mitgebracht, er kriegt die Ehrenbürgerwürde von Bora Bora verliehen, großer Bahnhof und Rummel. Was wäre Bora Bora ohne ihn. Am Abend verlassen wir die Lagune um gleich draußen wieder zu stoppen. Dort wird auf dem Sportdeck das große Südsee-Fest gefeiert, siehe oben. Ich habe Gott sei Dank noch ein paar Flaschen Hinano Bier.

Huahine

Diese Insel ist mir sofort sympatisch, sie lebt kaum vom Tourismus sondern vom Vanille-Anbau. Ruhig geht es hier zu. Die Bucht, in der wir ankern, ist wirklich traumhaft. Ich mache eine Rundfahrt mit. Der Hauptort der Insel ist angenehm verschlafen, es gibt eine archäologische Stätte mit einem Ahu, vielleicht gab es hier auch irgendwann mal Mohais.

Auf einer Vanille-Farm  werden wir in die Kunst der Vanille-Zucht eingewiesen. Erst die vorsichtig getrocketen Schoten riechen nach Vanille. Vom höchstgelegenen Punkt hat man eine tolle Aussicht, bis zur unsäglichen Bora Bora Insel kann man hier sehen. Ein Besuch in Huahine lohnt sich.

Raiathea

Es regnet in Strömen, es ist Sonntag und im Hauptort der Insel ist tote Hose, am tötesten sozusagen. Ich finde einen netten Strand, haue mir mal nicht die Füße an Korallen auf, was für ein Erfolg. Mehr habe ich von Raiathea nicht mitbekommen. Ich glaube nach dem Archäologie- und Kirchenkoller in Südamerika hat mich nun voll der Insel- und Südseekoller erwischt.

Rarotonga

Nach dem "Russenschiff" nun also das "internationale" Schiff. Für meinen Mitbewohner aus dem österreichischen Burgenland, mit dem ich auf der Maxim Gorkij die Kabine teilen musste, sind Albatros Touristen "Billigtouristen". Er hat auf dieser Reise den 500 Tag seines Lebens auf der Maxim überschritten, die Außerdienstsetzung dieses Schiffes wird ihn in eine tiefe psychische Krise stürzen. Vielleicht hat er mit seinem Spruch eine spezielle Reisegruppe aus dem Allgäu gemeint, die offenbar als Schnäppchenjäger in der "Südsee" unterwegs sind. Überall an Deck hört man den kehligen Allgäuer Dialekt. Die Herren sitzen schon um 10 Uhr beim Bier, während ich nebenan im Fitness-Raum gegen meine Pfunde ankämpfe. Angeblich versteht man im Allgäu was vom Bier, aber diese Herren giesen sich die hier ausgeschenkte Plärre einer Hamburger Brauerei hinter die Binde und passen nur mit Mühe in den Stuhl. Ich dagegen versorge mich auf jeder Insel mit dem jeweils einheimischen Bier. Der Service und das Essen können nicht mit der Qualität des "Russenschiffes" mithalten, gut gegen meine Pfunde. Trotzdem wird die Albatros mein "Traumschiff". Grund: Ich habe eine eigene Kabine und muss mir nicht mehr nach jedem Landgang die Frage anhören, wie denn das Preis-Leistungsverhältnis gewesen war.

Entspannt komme ich also auf Rarotonga an. Die Insel gehört geografisch zu den Cook Inseln und politisch zu Neuseeland. Ich miete ein Fahrrad und fahre 32 km rund um die Insel. Es gibt entlang der Straße viele Ferienwohnungen, Neuseeland ist zwei Flugstunden entfernt. Ich finde einen Strand, auf dem ich ganz alleine bin, kein Kreuzfahrer weit und breit. Auch Rarotonga ist teilweise umgeben von einem Korallenriff, der Pazifik tobt sich außen an ihm aus, aber zwischen Riff und Insel kann ich wunderbar schwimmen, das Wasser ist klar und ruhig. Es weht eine frische Brise, es ist nicht mehr ganz so heiß. Rarotonga werde ich in bester Erinnerung behalten.

Niue

Einen Fahrtag weiter erreicht das Schiff Niue. Auch diese Insel gehört zu Neuseeland liegt aber isoliert von den Cook Inseln. Zum ersten Mal ist ein Landgang nicht möglich. Die Dünung am kleinen Anleger ist so hoch, dass ein Landgang nicht möglich ist, dabei ist das Meer spiegelglatt. Es ist der 24. Februar, die nächste Insel erreichen wir am 26. Februar, aber es liegt kein Fahrtag dazwischen. Grund: Wir überfahren in westlicher Richtung  die Datumsgrenze,  ein ganzer Tag wird uns geklaut, von jetzt an sind wir den Lieben daheim zeitlich voraus.

Vava U (Tonga Inseln)

Die Tonga Inseln sind ein eigener Staat, ein Königreich, dass nie Kolonie war. Es fällt sofort ist Auge, auf Vava U ist man zurück in der Dritten Welt. Die Menschen schauen anders aus als in Polynesien, afrikanischer, man spürt die relative Nähe zu Neuguinea. Die Vegetation ist üppig wie überall im Südpazifik, das Schiff liegt in einer fjordartigen Bucht, die Bora Bora in den Schatten stellt. Die Preise auf der Insel haben europäisches Niveau, also deutlich niedriger als auf  Tahiti. Aber  das Leben für die Einheimischen ist sehr teuer, denn außer Vanille, ein paar Früchten und etwas Pauschaltourismus gibt es wenig zu verdienen. Alle reden von einem Ölfeld im Bereich der Tonga Inseln, aber gefördert wird nicht. Nur der König, der ist sehr dick und sieht auf den Fotos glücklich aus.

Vanua Levu (Fidschi Inseln)

Wieder mal ein Fahrtag, es ist mal wieder unerträglich heiß. Wir erreichen die Insel Vanua Levu mit ihrem Hauptort Savu Savu, die zweitgrößte Insel der Fidschis. Wenn ich mit dem Fahrrad zum nächsten Inselstrand fahren würde, wäre mir der Hitzschlag sicher, das Taxi dorthin verkneife ich mir, es ist mir zu teuer. Vanua Levu bleibt neben Niue die Insel, von der ich am wenigsten mitgekommen habe. Insel-Koller vom Feinsten.

Viti Levu (Fidschi Inseln)

Über Nacht erreichen wir die die größte der Fidschi-Inseln, Viti Levu. Die Fidschis sind ein eigener Staat, ehemals britische Kolonie, mit einer großen Militärtradition. Schon auf Vava U waren die Röcke der Männer als traditionelle  Bekleidung zum Beispiel als Schuluniformen aufgefallen, hier gehören sie als Uniform zu einer Militärkapelle, die zur Begrüßung des Schiffes mit erstaunlich fetzigen Rythmen aufspielt. Fidschi-Soldaten dienen hauptsächlich in UNO-Missionen. Fidschi ist ebenfalls ein armes Entwicklungsland, die UNO-Gelder sind wichtige Staatseinnahmen.

Mit einem alten klapprigen Bus machen wir den interessantesten Ausflug seit Pitcairn. Ein indischer Guide erzählt uns interessante Dinge über das Leben auf den Fidschis. Wir erfahren, dass es massive politische und soziale Spannungen gibt. Die Hälfte der Einwohner sind Inder, oft wohlhabend und immer geschäftstüchtig, die andere Hälfte melanesische Ureinwohner. Wir besuchen eins ihrer Dörfer im gebirgigen Inneren der Insel. Dazu müssen wir umsteigen auf Kanus mit Außenbordmotoren. Es geht auf einem breiten Fluß stormaufwärts über zehn Stromschnellen. Die Kilos vieler Kreuzfahrer werden zum Risikofaktor, mein Boot droht schon beim Einsteigen eines Kölnischen Ehepaares zu kentern. Die Fahrt bleibt dramatisch, man wird nicht nur durch die Stromschnellen durchnässt, von oben entlädt sich ein tropischer Gewitterregen. Ein Schweitzer hat die Lage völlig verkannt, den Verhältnissen in seiner Schiffskabine nicht trauend, der dortige Safe ist schließlich keine Schweitzer Bank, hat er seine ganzen Dollarbestände im Sack aber nicht in der Plastiktüte. Die Dollars waren klatschnaß. Das Trocknen der Dollar im besuchten Dorf hat er unterlassen, denn das Dorf hat eine alte Tradition des Kannibalismus. Dabei interessieren sich Menschenfresser gar nicht für Geld, sondern für Menschen, schon wieder eine Fehleinschätzung. Wieder auf dem Schiff, musste er sich ganz doll bei der Rezeption beschweren. Rezeptionist auf einem Kreuzfahrtschiff zu sein, ist ein sehr schwerer Beruf.

Ein melanesischer Guide erklärt uns die auf Fidschi ausgeübte Tradition des Kannibalismus. Gegessen wurden fast nur Männer, sie machten gegenseitig Jagd aufeinander von Dorf zu Dorf. Die Frau(en) und die Familie des aufgegessenen Mannes ging in den Besitz des Essers über. Häufig kamen in den Dörfern 20 Frauen auf einen Mann. Aber der Mann blieb natürlich der Pascha. Wann wurde doch mal eine Frau gegessen? Hatte der Mann zum Beispiel das ewige Menschenfleisch über und wollte Fisch essen, sagte er zur Frau: Bring mir Fisch. Sagte die Frau dann, da ist der Fluss, hol dir welchen, dann gab es keinen Fisch sondern besagte Frau wurde im Erdofen gebacken.  Eines der letzten Opfer war ein weißer Missionar, er hatte den Kopf der Menschen berührt, weil er sie segnen wollte. Köpfe zu berühren ist in dieser Kultur etwas sehr verwerfliches. Ergebnis: Auch er wurde im traditionellen Erdofen zubereitet. Wir fragen den melanesischen Guide, ob denn Weiße und Schwarze verschieden schmecken? Antwort: Schwarze wie Rindfleisch, Weiße wie Hühnchen.  Wir werden durch das Dorf geführt, die Wege sind gesäumt mit halbhohen Pfählen, darauf liegen weiße Steine. Früher hätten auf ihnen die gebleichten Schädel der Opfer gelegen, erfahren wir.



Schließlich werden wir zu einem sehr leckeren Essen in das Gemeinschaftshaus gebeten. Das Essen ist auf Matten auf dem Boden ausgebreitet. Natürlich gibt es auch Hühnchen, alles im Erdofen zubereitet. Aber vorher muss noch die obligatorische Kava Zeremonie  absolviert werden. 9 mutige Männer der Gäste werden dafür gebraucht, klar war ich dabei. Kava ist die Droge des pazifischen Raums. Es gehört zu den Pfeffer-Gewächsen, wird mit Wasser gemischt zu einer weißlichen Brühe, nach deren intensivem Genuss die Zunge taub wird. Als Gast muss man "Bula" sagen, dann bekommt man mit den Worten "Bula, Bula" eine Schale Kava gereicht, die man auf einen Zug austrinken muss. Ich spüre nur einen leicht pelzigen Geschmack auf der Zunge. Das Getränk ist nicht alkoholisch, wird aber von der UNO als Droge gekennzeichnet. Nach zuviel Kava wird man sehr schläfrig. Alles in allem ein feuchter, aber wirklich lehrreicher Ausflug.

Neuseeland

Das Schiff ändert den Kurs und fährt nach Süden. Endlich wird es etwas kühler. Wir laufen Auckland auf der Nordinsel von Neuseeland an. Der Staat empfängt uns mit Sicherheitskontrollen, die denen der USA in nichts nachstehen, dass sollte auch in Australien so sein. Beide Länder machen seit Jahrzehnten alle Kriege der USA mit, Vietnam und Irak inklusive. Kein Wunder, dass dann auch überwiegend deutsche Kreuzfahrer fragen lassen müssen, ob sie nicht vielleicht Sprengstoffpäckchen im Handtäschchen haben. Es könnten ja fundamentalistische Schläfer unter ihnen sein. Und dann erst die Besatzung, teilweise sogar aus islamischen Ländern wie der Türkei und Indonesien.
 
Was haben mir Leute schon von Neuseeland vorgeschwärmt. Meine Erwartungen wurden in vollem Umfang nicht erfüllt. Aber gut, ich war ja bloß auf der Nordinsel und das auch nur drei Tage. Auckland hat den Charme einer skandinavischen Provinzstadt. Nur 1 Million  Einwohner haben ein riesiges Autobahnnetz zur Verfügung und stehen ständig im von Stau. Der Ausflugsbus kommt deswegen zu spät. Wir wollen quer über die Insel fahren zum Geysirfeld von Rotorua. Wir fahren viele Stunden durch eine wellige Landschaft die wirkt wie eine einzige Vorortsiedlung. Alles ist sauber und aufgeräumt, der Rasen gemäht, mindestens zwei Parkplätze auf jedem Grundstück. Neuseeland ist durch und durch europäisch, genauer britisch. Warum Europäer sich 24 Stunden in ein Flugzeug setzen um dann wieder in Europa zu sein, bleibt mir verschlossen. Klar, es gibt auch noch die Maori, die beim Tanzen gucken als wollten sie einen gleich verspeisen und dabei gefährlich mit der Zunge wackeln. Aber sie sind genauso verfettet wie viele weiße Neuseeländer und Australier auch. Ihr Tanz ist einfach lahm verglichen mit dem der Melanesier auf den Fidschis.

Die Geysire von Rotorua  sind schon etwas besonders, Zeugen eines immer noch sehr bewegten Untergrundes,  aktive Vulkane gibt es in Neuseeland allerdings nicht. Sie liegen in einem sehr gepflegten Landschaftspark, für den man Eintritt zahlen muss. Die Geysire, die ich früher in Island gesehen habe, gab es umsonst zu sehen ebenso wie die Schlammtöpfe von Sol de Manana in Bolivien. Aber dafür spucken die von Roturua länger, höher und weiter. Der Besuch hat sich gelohnt, der Besuch der Bay of Islands einen Tag später war eher ein Pflichtprogramm. Insel-Koller.

Australien

Den Zorn der Kreuzfahrer fürchtend begann der australische Zoll schon auf der Fahrt nach Australien an Bord die Pässe abzustempeln. Die Freude darüber hielt nicht lange vor. Sydney, das Traumziel der Kreuzfahrer in diesem Reiseabschnitt, machte es der Albatros schwer anzukommen. Das Schiff musste erst nach Newcastle, einer langweiligen Provinzstadt ca. 100 km nördlich von Sydney ausweichen. Dort sollte aus Sicherheitsgründen die Passkontrolle stattfinden, sie hatte aber schon an Bord stattgefunden. Die Kontrolleure waren in Neuseeland zugestiegen. Nach 5 Stunden ging es weiter nach Sydney.

Sydney

Die Anfahrt zum Hafen von Sydney ist ohne Zweifel spektakulär, aber der eigentlich geplante Liegeplatz direkt neben der berühmten Oper war noch belegt. Positiv: Der Ausweichliegeplatz liegt hinter der Harbour Bridge, dem anderen Wahrzeichen von Sydney, wir fuhren im Abendlicht drunter durch, ein imposanter Anblick. Sydney hat mich weiter angenehm überrascht. Es ist Samstagabend und unweit des Liegeplatzes liegt das Viertel The Rocks. Was für eine Wohltat nach Wochen mit der deutschen 60 + Generation auf dem Pazifik. Es gibt tolle Pubs wie in Großbritanien, aufgekratzte junge Leute überall, gute Life-Musik in jeder Kneipe. Sydney ist kosmopolitisch, die Stimmung ist Klasse, irgendwie habe ich das Gefühl, in Australien gibt es so etwas wie ein Schlechte-Laune-Verbot. Ich komme mit Patrizia aus London und Gladis von den Fidschis ins Gespräch. Sie waren auch schon in Neuseeland, finden meinen Eindruck richtig, einfach spießig und langweilig sei es dort. Sie finden mein Vorhaben interessant, ohne  Flugzeug um den Globus zu fahren. Patrizia kennt Leute, die es versucht, aber nicht geschafft haben. Es gibt zum Beispiel keine Fähre von Australien nach Indonesien. Ich habe offensichtlich richtig geplant.

Bye bye Albatros     

Ich verabschiede mich für 9 Tage von meinem Musikdampfer und schaue von der aus Harbour Bridge zu, wie ein Schlepper sie neben der Oper langsam rauszieht. Endlich war sie am richtigen Liegeplatz angekommen.  Ich kann noch zwei Nächte in der Stadt bleiben, übernachte in einer Backpacker-Unterkunft, bloß keinen Vier-Sterne-Komfort. Ich erkunde Sydney, fahre in drei verschiedene Richtungen aus der Stadt raus und stelle fest, Sydney ist keine europäische Stadt mehr. Asiaten dominieren die Szene, die Stadt ist im besten Sinne multi-kulti. Europäer sind hier offensichtlich eine Minderheit, noch am ehesten sind sie in den "besseren" Vierteln entlang des Flusses anzutreffen. Die Hausbesitzer eines Wassergrundstücks parken dort ihre Jachten vor der Haustür. Aber die Ethnien kommen meiner Beobachtung nach hier recht spannungsfrei miteinander aus. Sydney ist daher neben Buenos Aires die angenehmste Großstadt auf der ganzen langen Reise gewesen.

Indian Pacific

In Australien kann ich endlich meiner Leidenschaft für das Langstrecken-Eisenbahnfahren nachkommen und mit zwei der berühmtesten Züge der Welt fahren, dem Indian Pacific nach Adelaide und mit The Ghan weiter nach Darwin. Dabei werde ich Australien zuerst teilweise von Ost nach West, denn von Süd nach Nord durchqueren um in Darwin wieder an Bord der Albatros zu gehen. Beide Züge fahren nur zweimal wöchentlich. Ich habe so die Möglichkeit, einen langen Blick auf das Innere des 5. Kontinents zu werfen trotz der Kürze der Zeit. 12 Tage insgesamt sind natürlich zu wenig für dieses große Land. 



Nachdem der Indian Pacific bei Tageslicht und langsamer Fahrt die Eukalyptuswälder der Blue Mountains westlich von Sydney durchquert hat, wacht man am nächsten Morgen vor Broken Hill, einem großen Bergbauzentrum mit einer regelrechten Mondlandschaft, auf. Die Landschaft ist hier eine Halbwüste, das Innere von Australien ist immer sehr trocken gewesen, aber seit ein paar Jahren ist die Trockenheit extrem. Die Hälfte der üblichen Regenmenge ist gefallen. Ich habe zwar auch ein graues Riesenkängeruh an der Strecke gesehen, aber eben auch eine verendete Rinderherde. Niemand hat sich um die vertrockneten Kadaver gekümmert. Vor Adelaide fährt der Zug durch riesige Weizenfelder. Es ist März und sie sind abgeerntet, über die Stoppelfelder rasen Willie Willies, kleinen Tornados vergleichbar. Sie verwehen den feinen fruchtbaren Humus.

Adelaide liegt annähernd auf demselben Breitengrad wie Auckland  und Sydney. Die Temperaturen dort betrugen 20 und 32 Grad. Adelaide empfängt mich mit 40 Grad. Heißer war es nirgends auf der ganzen langen Reise, allerdings ist es eine trockene Hitze.  Die heißen Winde kommen vergleichbar dem Schiroco aus dem Inneren Australiens, das um diese Jahreszeit immer noch Backofentemperaturen hat. Adelaide ist zwar über hunderte Kilometer die größte Stadt, aber sie wirkt sehr provinziell. Ein bischen britische Kolonialarchitektur prägt die Innenstadt, viel habe ich von der Stadt nicht gesehen, es war mir einfach zu heiß für lange Stadtbesichtigungen. Ein Open Air Konzert ab 23 Uhr  mit einer guten Jazz-Band war das intensivste Erlebnis. Aber man kann in Adelaide mit einer Straßenbahn zum Strand fahren. Der Südliche Ozean hat angenehme Temperaturen, bei 40 Grad das Beste, was was hier machen kann.

The Ghan



Ich reise weiter mit The Ghan nach Norden durch die Halbwüste. Der Name ist abgeleitet von Afganistan und eine Referenz an die afganischen Kamelhirten, ohne deren Hilfe das Innere von Australien nicht zu besiedeln gewesen wäre. Heute ist Australien das einzige Land mit großen freilebenden Kamelherden, man braucht sie nicht mehr. The Ghan ist ein echter Touristenzug. Die  preiswerte Red Cangeroo Klasse war schon lange ausgebucht, ich musste mit der teuren Golden Cangeroo Klasse vorlieb nehmen. Überwiegend britisch sind hier die Fahrgäste. Das Essen ist vorzüglich und im üppigen Fahrpreis inklusive. Nach dem Essen geht man in die Lounge des Barwagens. Die Abteile sind eng, aber in dieser Klasse haben Alleinreisende ein Abteil für sich, im Indian Pacific mussten sich dasselbe Abteil zwei Leute teilen. Alle Betten sind sehr schmal, bei den Körperdimensionen mancher Australier hat jeder Vierte keine Chance, in ihnen bequem zu schlafen.

Zwei Tage fährt der Zug bis Darwin. Er hält nur dreimal, einmal ganz kurz in Port Augusta, jeweils mehrere Stunden in Alice Springs und in Katherine. Man kann an der Bar unkompliziert Ausflüge buchen, die genau auf den Zugfahrtplan abgestimmt sind. Beide Städte sind klein, haben den Charme einer Provinzvorstadt und sind wirklich keine Reise wert. Für eine Fahrt von Alice aus zum Ayers Rock war die Zeit zu knapp.

Aber in der Nähe beider Städte kann man steinzeitliche Malereien der Aborigines anschauen. Diese prägen vor allem in Katherine das Straßenbild, die meisten sitzen in Familiengruppen auf dem Mittelstreifen der Hauptstraße. Sie wirken ziemlich apathisch. Ein Aborigine erklärt uns die Lage der Ureinwohner recht eindringlich auf einem Ausflug zur Katherine Gorge. Alkoholismus und Abhängigkeit von staatlichen Leistungen kennzeichnen ihre Lage. Aber vor allem wollen sie ihre geraubten Ländereien zurück haben, ohne Aussicht auf Erfolg.  

In Katherine ändert sich die Landschaft wieder grundlegend. Ich bin zurück in den feuchten Tropen, die mit ihren unendlichen Sümpfen den Norden Australiens prägen. Meinen letzten Ausflug habe ich von Darwin aus in einer aufs neute endlosen Busfahrt in den Kakadu Nationalpark  gemacht. Auch wenn wir dort keinen der angeblich zahllosen Alligatoren gesehen haben, ist die Landschaft vor allem vom Boot aus ein beeindruckendes Erlebnis. Auf  einer achtstündigen Busfahrt kann man gut die Erfahrungen reflektieren. Australien hat mich unterm Strich positiv überrascht. Ich hatte mir alles sehr viel amerikanischer vorgestellt. Seine europäischen und britischen Wurzeln verleugnet das Land nicht, aber die gewisse Spießigkeit, der man in Neuseeland begegnet, trifft man hier nicht so offen an. Der Umgang der Ethnien miteinander scheint zu funktionieren und fast immer haben die Leute gute Laune, ein für Deutsche ganz besonderes Erlebnis. Allerdings gibt es eine Menge zu tun in Bezug auf die Ureinwohner, aber auch hier scheint es ein bischen Bewegung zu geben.