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Mit dem Shongololo Express von Namibia nach Südafrika

Nein, eine "Nullflugzeug" Reise war das nun wirklich nicht mehr. Wir sind im Juli 2015 ca. 18 000 km geflogen, um dazwischen 3300 km mit dem Zug und etwa 2000 km mit einem Kleinbus zurückzulegen. Obwohl es nach wie vor nicht mein Ding ist, ist es der Reisenormalfall heutzutage. Es ist der Urlaubsplanung meiner Frau geschuldet, die noch berufstätig ist. Da ist die Zeit begrenzt.

Eigentlich wollte ich anschließend an die Namibia-Tour mit dem Shongololo nach Tansania weiterfahren. Aber diese Reise wurde zwei Monate vorher ohne Angabe von Gründen abgesagt. Es blieb also bei Namibia und ein bischen Südafrika, bloß 14 Tage. Als Trostpflaster wurde unsere Kabine 'upgraded', Dusche und WC neben dem Abteil, vorher wäre es eine Dusche und 2 Klos für den ganzen Waggon gewesen. Außerdem waren alle Drinks und die Laundry umsonst.

Immerhin sind wir zum Auftakt langsam mit dem IC zum Frankfurter Flughafen gefahren. Es ist heiß und sehr grün in Deutschland. Später mehr zu diesem Thema. 10 Stunden sind es dann bis Johannesburg, ein problemloser Flug über Nacht ohne Jet-Lag, Südafrika liegt in derselben Zeitzone wie Mitteleuropa. Mitten in der Nacht überfliegen wir ein gewaltiges Gewitter, wahrscheinlich über dem tropischen Regenwald.

Müde und klebrig hocken wir dann 5 Stunden auf dem Oliver-Tambo Flughafen herum und essen ein südafrikanisches Farmerfrühstück, sehr englisch das Ganze. Das gab es dann jeden Tag in Folge, so viele Eier in 14 Tagen habe ich schon lange nicht mehr gegessen. Weiter geht es mit South African Airways nach Windhoek, der größten und gleichzeitig Hauptstadt Namibias, mit ca 300 000 Einwohner so groß wie Berlin- Neukölln. Wir steigen nach zwei Stunden auf dem winzigen Flughafen auf dem Rollfeld aus und laufen in das kleine Abfertigungsgebäude. Es dauert seine Zeit bis alle Stempel untergebracht sind. Die wenigen schwarzen Fluggäste werden von den natürlich schwarzen Grenzern peinlich genau befragt, wir werden es nicht! Auf Grund unserer Hautfarbe werden wir automatisch als Touristen eingetacktet und für einreisefähig befunden.

Ein großgewachsener Weißer empfängt uns, ein deutscher Südafrikaner, der für die nächsten 14 Tage unser Guide sein wird. Es sind 40 km bis zum Bahnhof in der Innenstadt von Windhoek. Der Shongololo Express wartet.  Braun und etwas angestaubt (siehe oben) steht er dort, Baujahr 1952. Die meisten Waggons: Nostalgie pur. Wir werden im Barwagen begrüßt und anschließend durch fünf Waggons hindurch zu unserem Abteil gebracht. Die Waggons sind schmäler als in Europa bedingt durch die sogenannte Kapspur im ganzen südlichen Afrika. Der Gang ist so schmal, das immer einer zurückgehen muss, im Abteil ist das höhere Bett längs, das andere quer zur Fahrtrichtung, die Unterschenkel liegen quasi über Kreuz übereinander. Das Abteil ist,als wir unser Zeug verstaut haben, geräumiger als gedacht. Das Bad nebenan ist fast genauso groß wie das Abteil. Nach dem ersten hervorragenden Abendessen schlafen wir todmüde ein. Der Zug steht nach wie vor in Windhoek.

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Wir machen eine Stadtrundfahrt - Parlament, Justiz, Regierungs- und Präsidentensitz, die Erlöser kirche, Shopping Malls, ein alternatives Geschäftszentrum. Alles geht recht gemächlich zu, die Leute kommen mir sehr relaxed vor. Was fällt einem Deutschen sofort auf? Richtig, die Tal-, Garten- und Hoeppnerstrasse und viele mehr. Zwar ist die Kaiserstrasse seit 1990 umbenannt in die Independence Avenue, die wiederum die Fidel Castro Street

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und den Sam Nujoma Drive (Swapo- Führer und erster Präsident) kreuzt, aber eben auch die Hoeppnerstrasse. Knapp dreißig Jahre, obwohl schon 100 Jahre vorbei, haben ihre Spuren hinterlassen. Selbst die Apotheke ist sehr deutsch, vom Angebot bis zur Erklärung durch eine freundliche Dame.

Nun, diese Stadt ist langweilig und nicht besonders reizvoll. Wir waren auf dem Rückweg nochmal hier, es war verschenkte Zeit, die wir hauptsächlich in einem Cafe verbracht haben. Lediglich den Bahnhof mit seinem Eisenbahnmuseum kann ich empfehlen, die Geschichte des Landes aus der Perspektive der Schiene.

Nach Norden: Es wird Abend. Um 17 Uhr sollte der Zug losfahren, aber es ist keine Lok da. Etwa ein und eine halbe Stunde später stampft eine alte Diesellok durch den Windhoeker Bahnhof. Unsere Lok.

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Gegen 19 Uhr, wir sitzen gerade beim wieder mal guten Abendessen, rumpelt der Zug mit mäßiger Geschwindigkeit los. Die Sonne geht gerade unter. Und dann merken wir, dass es Winter ist im südlichen Afrika. Die Übergänge zwischen den alten Waggons sind nach unten offen. Die Temperaturen sinken in der trockenen Luft rapide. Der Gang ist eisig kalt. Später erfahren wir, dass es minus 2 Grad waren. Darauf waren wir in Afrika nicht eingestellt, zumindest nicht mental. In Deutschland hatten wir kurz vor der Abreise mehrere Tage über 30 Grad. Die alten Wagen sind nachträglich mit Klimaanlagen ausgestattet worden. Sie dienen auch als Heizung. Wenn man die Temperatur auf 28 Grad einstellt, ist die Temperatur im Abteil vielleicht 18 Grad.Das Bad jedoch bleibt kalt. An einem späteren Tag ist dann der Generatorwagen ausgefallen, dann haben alle nur noch gefroren. Aber der findige schwarze Mechaniker hat es wieder hingekriegt.

Die erste große Station wäre Tsumep im Norden von Nambia gewesen, aber der letzte Teil ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Deshalb heißt das heutige Ziel Otjivarongo. Aber als es hell wird, sind wir noch weit weg von diesem Ort. Also wird umdisponiert. In Omaruru werden die Busse nach hinten über die Gleise abgeladen. So soll Zeit gewonnen werden. Unser Fahrer donnert mit der dreifachen Geschwindigkeit des Zuges über Asphalt und Piste noch Norden zum Etoscha Nationalpark.

Mittags  sind wir da, vorher haben wir uns in einem kleinen Kaff namens Outju bei einem natürlich deutschen(!) Bäcker versorgt. Es ist etwa 30 Grad und wir wärmen auf. Wir kriegen kaum Zeit für eine Pinkelpause, dann geht es schon in den staubtrockenen Park hinein mit Höchstgeschwindigkeit 60kmh. Außerdem heißt auf den Betonzeichen "Stay in your car", das Fotografieren wird dadurch nicht so einfach. Wir fahren von einem Wasserloch zum anderen. Und dann steht sie vor uns, die afrikanische Tierwelt, derentwegen die meißten hergekommen sind:

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Elephanten in allen Größen, Giraffen, Zebras, ein Nashorn, drei Löwen (vollgefressen und faul), Kudus, Oryxe, Gnus, Schakale, Wildscheine, Strauße, zahllose Springböcke, und, und...

Die Nacht verbringen wir in der Lodge gleich außerhalb des Parks, es ist ein kleines bischen wärmer als in Windhoek. Es gibt Musik, gezapftes Bier und ein Feuer zum wärmen. Zu essen gibt es u.a. Viecher aus dem Park, Kudu und Oryx. Springbock-Carpaccio haben wir später auch mal bekommen. Es war die einzige Nacht außerhalb des Zuges.

Am nächsten Tag erleben wir nochmal reichlich Tierwelt. In einer Anlage namens "Halali" (na toll) wurde das dortige Wasserloch mit einer Tribüne umgeben, der natürlichen Umgebung angepasst und gut gesichert natürlich, mit Schildern, die "Silence please" einfordern. Kaum hat eine Herde Kudus das Loch verlassen, kommen mehrere Elephanten Clans hintereinander an, wir erleben ein beeindruckendes Platzgerangel zwischen ihnen, die Verlierer müssen abseits stehen und warten. Dann kommt eine Herde Zebras an.

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  Trauen sie sich zu weit vor zum Trinken, saugt die "Platz Kuh" des Sieger Clans ihren Rüssel voll und verjagt die Zabras mit dem Spritzwasser. Gegen Abend sind wir zurück am Zug in Otjivarongo. Das Abendessen ist heute ein klassischer südafrikanischer "Braai" auf dem Bahnsteig, ein Grillfest also. Natürlich gibt es wieder Viecher aus dem Park.

Am Morgen rollt der Zug endlich wieder, aber nur für zwei Stunden, dann ist er wieder in Omaruru, dem netten Kleinstädtchen im Busch. Wir besichtigen eine Winzerei, die einzige in Namibia überhaupt. Eigentlich ist das Klima nicht für Weinanbau geeignet. Aber die deutsche Chefin gibt sich tough, man hat genug  Wasser und verschattet die Weinstöcke gegen zuviel Sonne. Das zweite wirtschaftliche Standbein sind Kakteen, aus denen Schnaps gewonnen wird, der darf aber aus urheberrechtlichen Gründen nicht Tequilla genannt werden. Zu Mittag gibt dann u.a. Springbock-Carpaccio.

Am Nachmittag brettern wir dann wieder im Shongololo Bus auf einer Piste durch die Erongo Berge,

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  einer Zeugenberg Landschaft. Wir sehen (schon wieder) Giraffen und einen Pavian auf einem Baum in der Dornensavanne. Wir nehmen bei Sonnenuntergang einen Sundowner. Im Dunkeln erreichen wir Kranzberg, wo unser Zug mittlerweile steht. Ein 'rollendes' Hotel ist er in diesem Abschnitt der Reise nicht.

Denn am nächsten Tag geht es weiter mit dem Shongololo Bus zur nächsten Zeugenberg Landschaft, zur Spitzkoppe, die wohl ihren Namen von den Kolonialherren analog zur "Schneekoppe" erhalten hat. Sie ist nicht sehr hoch, wirkt in der flachen Landschaft aber sehr majestätisch.

Die Vegetation entlang der sehr breiten Piste wird immer spärlicher, die Namib kündigt sich an.

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Wir fahren in eine Wolkenfront hinein, die sich dann als Hochnebeldecke herausstellt. Der kalte Benguela-Strom, mit durchschnittlich 12 Grad aus der Antarktis kommend, kondensiert bei seinem Auftreffen auf die extrem trockene Namib-Wüste und erzeugt so eine fast permanente Hochnebeldecke. Sie wird die nächsten Tage an der Küste die Sonne von uns fernhalten. In Peru (Lima) habe ich ähnliches schon mal beobachtet.

Am Nachmittag fahren wir nach Norden auf einer Salzstrasse zum Cap Cross. Bis hierhin hatte es vor über 500 Jahren der portuguisische Seefahrer Cao geschafft. Angesichts der gefährlichen und lebensfeindlichen Küste ist er zurückgefahren. Ein paar Jahre später hat Vasco da Gama den Weg um Südafrika herum gefunden. An Cao erinnern mittlerweile zwei Holzkreuze. Die Leute aber kommen hierher wegen einer gigantischen, stinkenden  und lautestarken Robbenkolonie.

Abends lädt uns der Bus vor unserem Zug aus, der jetzt in Svakopmund steht. Der Bahnhof der aufstrebenden alten Kolonialstadt ist abgerissen worden, der Platz wird gebraucht für Gebäude. Und so steht er auf einem Abstellgleis im Industriegebiet. Es gibt in Nambia fast keinen Personenverkehr mehr. Von den vielen Güterzügen führt nur einer zwei Personenwagen in der Mitte, aber nicht nach Svakopmund, da braucht man keinen Bahnhof.

Die Deutschen: Svakopmund, die verunglückte Konkurrenzgründung zum britschen Valvisbay gleich nebenan- kein Hafen war dort machbar - ist Anlass genug, über die Rolle der dort immer noch lebenden "Südwester" nachzudenken. Der Ort hat etwas aufdringlich peinliches an sich, wenn unter dem ewig trüben Himmel, zwischen Namib und kaltem Atlantik das alte Kolonialstädtchen zu einer deutschen Rentner- Siedlung aufgepeppt worden ist. Ein kleindeutsches Disneyland mit Brauhaus, Cafe Diemel und Àltem Amtsgericht' .

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  Alles schick und mit viel Geld in letzten Jahren hergerichtet. Ein Strom schwarzer Arbeitskräfte aus dem tristen Township außerhalb marschiert jeden Morgen mangels öffentlicher Verkehrsmittel mit hohem Tempo Richtung Innenstadt an unserem Zug vorbei. Sie halten Deutsch-Disneyland am Laufen.

Die zwei deutschen Fahrer und Guides, die einzigen Weißen im Shongololo Team, machen aus ihrem kolonialdeutsch geprägten Gedankengut keinen Hehl. Sie benutzen im Fall der kaiserlichen Kolonialarmee das Wort "Schutztruppe" und finden es gar nicht gut, wenn eine Delegation von Hereros kürzlich in Berlin mal wieder Entschädigungen eingefordert hat für den ersten vor 110 Jahren von deutschen angerichteten Völkermord im 20.Jahrhundert. Einer von ihnen regt sich fürchterlich über dumme Bauarbeiter auf - schwarze und nordkoreanische(!) - die seiner Meinung nach zu dumm sind, eine Schubkarre richtig zu bedienen. Unser Fahrer lässt uns über das Busradio ein Lied hören, dass seine Befindlichkeit am besten ausdrückt, dass Südwester-Lied.

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Noch deutlicher wird die Deutschtümelei im Ort Lüderitz weiter südlich. Benannt ist sie nach einem Bremer Kaufmann, der den dortigen Nama die einzige hafengeeignete Bucht abkaufte und sie dabei kräftig über das Ohr gehauen hat. Die Nama waren bei der Flächenbemessung von englischen Meilen -1,6km- ausgegangen, Lüderitz von preußischen Meilen -7,3km-. Schon im deutschen Reich wurde er schon damals "Lügenfritz" genannt.

Eine alte Dame führt uns in der Nähe von Lüderitz durch die Geisterstadt Kolmannskoppe, eine alte Diamantensiedlung.

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  Dort wurde um die Jahrhundertwende vom 19. auf das 20. Jahrhundert großartig gelebt. 4000 Einwohner habe die Stadt gehabt und die hätten alles gehabt, Eis- und Wurstfabrik, Versammlungsräume, das ganze großartige Leben damals. Die Einwohnerzahl lag damals in Wirklichkeit bei 20000, die meisten aber waren schwarz, sie zählten nicht mit und wohnten auch nicht in den tollen Steinbauten, deren Pracht sich immer noch erahnen läßt.

 Sie spricht ständig von den "Hottentotten", das haben sich selbst die Fahrer verkniffen, die korrekt die Nama auch so nannten. Ja, und irgendwann mussten die "Schutztruppen" auch gegen Norden fahren und "für Ordnung sorgen", gemeint war der Völkermord an den Hereros. Das haben dann die Nama ausgenutzt für einen eigenen Aufstand. Und so wurde dann direkt vor der Haustüre von Lüderitz auf einer eiskalten Halbinsel im Atlantik ein KZ für Nama eingerichtet, in dem tausende Nama, Frauen und Kinder eingeschlossen, erfroren und verhundert sind.

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Keine Tafel oder sonst ein Hinweis weißt auf dieses schlimme Kapitel deutscher Geschichte hin. Lediglich für von den deutschen hingerichtete Nama-Häuptling Henry Witboy wurde eine Gedenktafel aufgestellt.

Nach Süden: Endlich fahren wir auf dieser Reise mal ein langes Stück mit der Bahn,
zurück von Svakopmund über Nacht nach Windhoek, und weiter am Nachmittag die längste Strecke bis nach Aus, einer kleinen Siedlung auf dem Abzweig nach Lüderitz. Wir überqueren den "Fish River", kommen am nächsten morgen durch winzige Siedlungen namens Seeheim und Grünau. Obwohl die Strecke nach Lüderitz inzwischen wiederhergestellt ist, werden die Busse schon in Gaogep abgeladen, wir sind mal wieder spät dran. Wir donnern das zweite Mal mit 140 kmh durch die Namib ins 190 km entfernte Lüderitz. Zu diesem  habe ich schon alles gesagt, ich bin froh als es abends wieder zurück geht, dieser Ort ist der absurdeste auf der ganzen Reise. Abends sehen wir in der Dämmerung kurz vor Aus die berühmten Wildpferde, meine Mitreisenden geraten mal wieder in Verzückung.

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Die verbleibende Reise ist schnell erzählt. Über Nacht fahren wir die Strecke zurück nach Haloog, einer Bahnstation im Nichts. Alle Touristenzüge, deren Fahrgäste zum Fish-River-Canyon wollen, müssen hier aussteigen.

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Der Canyon ist der zweitgrößte in Afrika, er ist sehr trocken und beeindruckend, man kann sich nur schwer vorstellen, dass das Wasser hier mal fließt. In der Ödnis leben Bergzebras. In einem Straßencafes mit ganz vielen Old Timern machen wir Rast. Zurück im Zug geht die Fahrt weiter nach Kranzberg. Dort wird der Zug mit Wasser betankt, aber das Wasser in unserem Waggon ist am nächsten Morgen leer. War wohl eine Leckage, der Mechaniker hat es wieder hingekriegt.

Nachts geht es über die Grenze nach Südafrika. Von der Grenzkontrolle haben wir nichts mitgekommen, unser Guest-Relation-Manager hat alles erledigt. Hinter der Grenze fährt der Zug auf einmal sehr schnell, im Barwagen gibt es deshalb viele Scherben. Morgens steht der Zug in Upington, ein burisch geprägtes Städtchen am Orange-Fluss, mit schicken Häusern (der Weißen).

Wir fahren von dort zum Augrabies Nationalpark. Die Vegetation ist dort üppiger als in Etoscha. Wir sehen mal wieder ganz viele Tiere, die Verzückung kennt wieder keine Grenzen. Wir wandern an den Wasserfällen des Orange-Flusses entlang, er ist der größte in Südafrika, führt das ganze Jahr Wasser und kommt aus den Bergen von Lesotho.

Über Nacht geht es weiter nach Kimberley, der Diamantenstadt, dort gucken alle in das große Loch.

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Ich nicht, ich bin etwas erschöpft, mein operiertes Bein tut weh und ich habe keine Lust auf noch eine lange Busfahrt. So fahre ich als einziger Passagier mit dem Zug nach Bloomfontain, einer der drei Hauptstädte Südafrikas, eine Großstadt. Ich werde von Victor zum Museum des Burenkriegs in der Stadt gefahren. Es zeigt den Verlauf des Krieges zwischen Buren und Engländern um die Jahrhundertwende und geht auf den Bau von KZ durch die Engländer ein, in denen über 20000 burische Frauen und Kinder ihr Leben lassen mussten. So die burische Version, seit 20 Jahren wird die Ausstellung ergänzt durch eine Zusatzausstellung, die den schwarzen Aspekt dieser Geschichte zeigt: Die burischen Frauen wurden samt ihrem schwarzen Personal in den KZ inhaftiert.  Die vermutlich dort ums Leben gekommenen 20000 schwarzen Frauen und Kinder hatte bis dahin keiner erwähnt. Mit Victor, der ursprünglich aus dem Kongo kommt, führe ich ein langes Gespräch über die Themen Rasse, Apartheit und Politik in Südafrika.

Die letzte Etappe steht an, über Nacht nach Johannesburg, wieder mit recht hohem Tempo, wieder hat es Scherben gegeben. Im eiskalten Morgen bei strahlender Sonne sehen wir zum Abschluss ein anderes Afrika. Endlose Townships mit Wellblechhütten und dick vermummten frierenden Menschen säumen die Strecke.

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Viele Straßen und Autobahnen mit dichtem Verkehr führen in die reichste Stadt Afrikas überhaupt. Der Zug aber schleicht durch die Agglomeration, sollte eigentlich in Pretoria stehen bleiben, schon wieder Zeitverzug, also steigen wir dann endgültig a in Germerston aus dem Zug aus.

Die allerletzte Bustour steht an, es geht nach Soweto und DownTown-Johannesburg. Überall sind Abraumhalden des Goldbergbaus zu sehen auf dem Weg, die Ringautobahn ist nicht so voll wie gedacht. In Soweto besuchen wir natürlich das Mandela-Haus und die Hector Peterson Gedenkstätte.

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Von hier nahm der Kampf gegen das Apartheit-System in den 50iger Jahren seinen Anfang. Der heutige Rummel um das Mandela-Haus erinnert mich an den am Check Point Charlie in Berlin. Wir sehen auch das Haus in dem Winnie Mandela heute noch lebt. Soweto, dass sind heute immer noch kleine ebenerdige Häuser. Aber sie sind schick renoviert, ein heftiger Kontrast zu den trauigen Wellblechsiedlungen der übrigen Townships. Hier lebt der schwarze Mittelstand.

Wir beschließen unsere Reise ausgerechnet im Brauerei-Komplex der SAB Brauerei in Johannesburg, einem der größten Brauerei Konzerne der Welt. Er wurde groß durch den Durst der Minenarbeiter in den Goldbergwerken.  Ein interaktives Museum zeigt uns die Geschichte mit anschließender Verkostung.

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Das festungsartig gesicherte Besucherzentrum wird unser Haupteindruck von Johannesburg bleiben.  Ansonsten fahren wir durch Straßen, die laut unserem Guide und Fahrer für Weiße NoGo-Gegenden sind. In der Tat sehe ich keine.

Um 19 Uhr hebt unsere Maschine ab nach Europa, das übliche Gewitter unter uns ist nicht so heftig diesmal. Am nächsten Morgen sitzen wir um 8 Uhr im IC nach Berlin. Mein Gott wie grün und warm es doch in Deutschland ist.