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Independent Vision
11 Jahre nach der ersten Erdumrundung habe ich mich entschlossen, einen zweiten Anlauf zu machen. Meine Gesundheit lässt es zu, dass war in den letzten Jahren nicht so. Wieder war es meine Absicht nicht zu fliegen. Ich wußte schon lange vor der Greta Thunberg-Hype, dass Fliegen die umweltschädlichste Reiseart ist. Die Absicht durchzuhalten, hat sich aus unterschiedlichen Gründen nicht realisieren lassen. So war es mein Plan, auf einer Straße von Lhasa nach Kaschgar zu reisen, nicht realistisch. Der chinesische Partner meines Berliner Reisebüros hatte abgeraten. Also sind wir bis Nepal auf dem Landweg gereist und von dort nach Hause geflogen. Auch meinte Herr Putin genau in der Woche, in der wir mit einer koreanischen Fähre nach Wladiwostok fahren wollten, dort Seemanöver abhalten zu müssen. Also von Tokyo aus fliegen. Die Kalamitäten an der nordamerikanischen Westküste kamen hinzu.

Aber immerhin hat der Auftakt geklappt. Nach einer ziemlich beschissenen Nachtfahrt in einem ICE nach Köln bin ich dann mit dem Zug über Brüssel und London nach Liverpool gefahren. Dort bin ich dann am 20.Juni an Bord der Independent Vision gegangen, um mit ihr in 10 Tagen nach Chester in den USA zu fahren, meine zweite Reise mit einem Container-Schiff. Das ursprünglich gebuchte Schiff nach Halifax in Kanada war ausgefallen. Auf so etwas muss man sich bei dieser Art zu reisen einstellen. Auch meine beiden Mitreisenden waren aus diesem Grund umgebucht worden, ein holländisch-amerikanisches Ehepaar. Wir waren gegenseitig die wichtigsten Gesprächspartner, war manchmal anstrengend, aber auch sehr anregend.


Die Passagiere nehmen ihre Mahlzeiten in der Offiziersmesse ein. Diese waren im Gegensatz zu meiner ersten Reise nicht sehr gesprächig. Jeder der dort auftauchenden Offiziere und Ingenieure hat sein Essen verzehrt und ist anschließend gleich wieder gegangen. Hauptkonkaktpersonen waren der Steward (Oskar aus den Philippinien) und der Sicherheitsoffizier aus der Ukraine. Es gehört zu ihren Jobs, sich um uns zu kümmern. Der polnische Kapitän hat uns zuerst nicht begrüßt. Aber ein paar Tage später auf der Brücke, zu der wir jederzeit Zugang hatten (auf einer Fähre oder einem Kreuzfahrtschiff geht das gar nicht) hat er uns genau erklärt, warum das Schiff so langsam fährt (15 Knoten). Ziel ist es möglichst pünktlich (d.h. innerhalb eines halben Tages) den Fahrplan einzuhalten mit möglichst geringen Treibstoffkosten. Sie fahren über den Atlantik mit billigem "sludge" (Schweröl) möglichst weit weg von der europäischen oder amerikanischen Küste, wo sie Diesel benutzen müssen. Er und seine drei Offiziere sind ständig dabei unter Einbeziehung von Strömungen und Winden den besten Kurs zu berechnen. Wenn alles so läuft wie geplant, bekommen sie Boni von der Reederei. Aber ab 1.1.2020 sei Schluss mit dem Dreckszeug, dann dürfe weltweit nur noch Schiffsdiesel verwendet werden. Um für den Zustand der Meere. Vermutlich werden dann völlig neue Berechnungen angestellt. Dann könne es interessanter sein, Schiffe schneller fahren zu lassen. Alles ein Rechenexempel.

Ansonsten waren die Regularien recht restriktiv. Das Umrunden des Schiffen - reizvoll ist der Aufenthalt auf dem Bug, dort hört man die Maschine nicht - war nur unter Aufsicht erlaubt. Unser Auslauf bestand daher im 4 - 5 maligen Hoch- und Runterlaufen im Wohntrakt, bei 10 Tagen Überfahrt ohne Anlegen ganz schön ermüdend. Nun, das Schiff ist dann wirklich pünktlich um 8 Uhr am 2.7. in Chester angekommen. Der Hafen ist klein, max. 2 Schiffe können anlegen, er liegt ein kleines bischen außerhalb von Philadelphia.


Die US-Grenzabfertigung war erstaunlich locker. Voraussetzung für die Einreise war ein US-Visum, dass ESTA-Verfahren wie auf Flughäfen gilt nicht, es gibt eine Geräte für Fingerabdrücke etc. Die Grenzer kommen an Bord. Nun ein Visum hatte ich wegen der Iran-Sache. Die USA lassen Menschen, die seit 2011 im Iran, Irak, Syrien, Sudan oder Jemen waren, icht mit ESTA einreisen. Wir waren (s.o.) 2013 im Iran. Also mussten wir ein teures Visum beantragen, 150 statt 15 Dollar. Zusätzlich war ein Interview in der amerikanischen Botschaft in der Clay-Allee fällig mit kostenpflichtiger Vorterminierung durch einen Visa-Dienst. Das Interview durch eine geschlossene Glasscheibe war eine Farce, alle in der Schlange konnten mithören. Alle waren vorher im Iran gewesen.

USA-Ostküste
500 m außerhalb des Hafens liegt der Vorortbahnhof von Eddystone. Es war der Start für eine Bahnreise durch Nordamerika. Die Bahn ist dort ein eher ungewöhnliches Verkehrsmittel. In Philadephia-30th Street Station erwische ich einen Zug nach Boston. Vor dort soll es weiter mit dem Bus nach Portland gehen. Hier in der riesigen Megacity zwischen Washington über New York nach Boston gibt es genügend Verbindungen. Von Portland aus wollte ich mit einer Fähre nach Nova Soctia übersetzen um dann auf die eigentlich geplante Route zu kommen.

Die Info (Seite Rome2Rio) hat nicht gestimmt, dass habe ich erst in Portland (Maine) herausgefunden. Die Fähre wäre erst ab 19. Juli gefahren. Also umplanen, zurück nach Boston, es ist der 4. Juli, Unabhängigkeitsfeiertag. Ich habe mir das Spektakel angeschaut, aber der Boston-Aufenthalt ist sehr ins Geld gegangen. Preiswerte Unterkünfte waren nicht aufzutreiben. Ich bin im Interconti gelandet, erste Nacht 250 $, die zweite nacht 300 $. Es waren halt Unmengen Touristen in der Stadt, die das Spektakel inklusive Feuerwerk sehen wollten. Dadurch und auf Grund der Tatsache, dass zwei weitere durchaus preiswerte Unterkünfte in Montreal und Quebec-City das Geld sofort nach der Buchung eingezogen haben, habe ich kurzzeitig Schwierigkeiten mit dem Kreditkartenlimit bekommen. Mit so wass habe ich überhaupt nicht gerechnet.

Kanada
Ich bin dann über Albany mit dem Zug Airiondack nach Montreal gefahren. Eine ausgesprochen reizvolle Strecke, allerdings hat die Grenzabfertigung 2 Stunden gedauert. Laut Schaffner ist das Minimum 40 min, es können aber auch 4 Stunden sein.
1974 während meines erstes Nordamerika-Aufenthaltes war ich einen halben Tag in Montreal, eine ausgesprochen reizvolle Stadt mit einer Altstadt und dem Mont Real mittendrin, 300 m hoch über dem St Lorenz Strom, eine riesige Parkanlage. Die Stadt ist zu meiner Überraschung sehr fahrradfreundlich. Die Fahrwegspuren in beide Richtungen sind durch Schwellen von der Autospur getrennt, für Autos gibt es nur Einbahnstraßen. Dadurch wird der Radverkehr attraktiv, der Autoverkehr verlangsamt.


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Ich bin weiter nach Quebec-City gefahren, der einzigen Stadt in Nordamerika mit einer geschlossenen Altstadt innerhalb einer Festungsmauer aus dem 16 Jahrh. Leider ist die Stadt genau deswegen im Sommer völlig überlaufen. Ich habe in einem Hotel übernachtet, das einem Ursulinerinnen-Kloster angeschlossen ist. Auf dem Gelände am Rand der Altstadt ist auch ein Krankenhaus und ein Museum. Die Unterkunft im Kloster war bezahlbar, das sehr üppige vegane Frühstück war inklusiv. Man muss es schweigend zu sich nehmen.

Den langen Weg zurück und weiter bis Toronto bin ich dann an einem Tag gefahren. Genauso wie das französischsprachige Quebec hat die Stadt am Ontario-See eine recht angenehme Atmosphäre. Es gibt viele gute Kneipen und nette Geschäfte. Überhaupt scheint Kanada entspannter zu sein als die USA. Auch fehlen zumindest in Osten Kanadas die extrem übergewichtigen Leute, die in den USA sofort ins Auge fallen.


In Toronto ist dann meine Frau eingetroffen. Ihre erste Reise nach ihrem endgültigen Arbeitsende. Von dort sind wir dann mit dem Zug Canadian ohne zu unterbrechen weiter bis Jasper in den Rocky Mountains gefahren. Schon in Toronto ist er eine Stunde zu spät losgefahren. Der Zug war auf dieser Reise sicherlich der luxuriöseste mit eigener Toilette und Dusche, gutem Service und guter Küche. Dass das Tempo des Zuges gemächlich ist, hat anfangs nicht gestört, er hält oft "on demand". Reisende können in Ontario auf Anfrage mitten auf der Strecke zusteigen. Es gibt dort in den großen Wäldern entlang der Strecke keine Straßen.

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Der Zug muss aber vor allem oft halten, weil die Strecke eingleisig ist mit Ausweichstellen und erheblichem Güterverkehr, der immer Vorrang hat. Die Güterzüge haben bis zu 150 Waggons, die Vorbeifahrt dauert  ca 15 min.. Das summiert sich, in Winnipeg waren es vier Stunden. Man hat vorher einen Vortrag über die netten Kneipen der Stadt in Bahnhofsnähe gehört. Völlig sinnlos, weil der Zug viel zu spät zu deren Öffnungszeiten angekommen ist. Der Aufenthalt wurde auf das absolute Minimum für den Service und den Austausch des Personals eingedampft.

Am Anfang waren uns die Verspätungen eher egal, am Ende in Jasper nicht mehr. Dort waren es dann 9 Stunden. 6 1/2 Stunden hätten wir dort laut Fahrplan Zeit gehabt zum Umsteigen auf den Zug Skeena nach Prince Rupert. Der hat dann sogar fast eine Stunde gewartet, umsonst da der Canadian nur ein paar Meilen außerhalb von Jasper fast eine Stunde gestanden hat. Äußerst nervig so was. Der Zugchef hat mir dann recht plausibel erklärt, dass diese für Fahrgäste und Personal gleichermaßen beschissene Situation seit über 6 Jahren andauert.. Die Gesellschaft CN, der die Gleise gehören, sei zu diesem Zeitpunkt vom kanadischen Staat an Warren Buffet und Bill Gates als Mehrheitsaktionäre verkauft worden. Die würden das als "Green investment" verstehen, da die vielen Container dann nicht auf der Straße transportiert würden. Die staatliche VIA-Rail würde nur wenig Trassengebühr zahlen. Das würde den Canadian ständig ausbremsen.

Das Bahnhofspersonal in Jasper hat sich dann wirklich gekümmert. Der dortige VIA-Rail Chef hat für die 7 Passagiere, die durchgehende Tickets bis Prince Rupert hatten, dann mit seinem Privat-PKW und einem Taxi eine Aufholjagd veranstaltet. und den Skeena in der Station MacBride erreicht. Auch der Skeena hatte dann in Prince Rupert 6 Stunden Verspätung. Dadurch haben wir den interessantesten letzten Teil der Strecke im Dunkeln durchfahren. Bahnfahren in Nordamerika ist auf Grund der Weite des Landes ein großartiges Erlebnis mit gewaltigen Landschaften. Aber die Begleitumstände des Reisen mit diesem sehr umweltfreundlichen Verkehrsmittel sind sehr betrüblich


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In Prince Rupert sind wir dann drei Tage steckengeblieben wegen eines Streiks bei der Alaska Marine Highway, eine wahrhaft trostloser Ort für einen Zwangsaufenthalt. Es regnet unaufhörlich. Es gibt zwei parallele Main Streets, dazwischen slumartige Viertel, in denen hauptsächlich "First Nations" Menschen leben. Indianer werden offiziell so genannt. Die Leute sind nicht aggressiv, aber in keinem guten Zustand, liegen häufig schon vormittags betrunken vor den Eingängen ihrer Häuser. Mir ist das schon vor 45 Jahren während meiner Kanada-Durchquerung per Anhalter aufgefallen. Es scheint sich nichts geändert zu haben.

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Okay, wir haben dann dank der Bemühungen unseres Reisebüros einen Flug einen Flug für Montag bekommen, es fliegen von dort nur zwei kleinere Propellermaschinen am Tag nach Vancouver. Wegen des Streiks sind viele Leute dort hängengeblieben. Die Inside Passage vom Wasser aus haben wir nicht gesehen. Es war das einzige Reiseziel in den drei Monaten, dass wir nicht erreicht haben. Von Vanvoucer ging es dann weiter per Flugzeug zurück bis Whitehorse am Yukon-Fluss. Von hier ab waren wir dann wieder im "schedule".

Alaska
Mit dem Bus und der spektakulären White-Pass-Railroad sind wir dann nach Alaska eingereist im kleinen Städtchen Skagway. Ein einziger Grenzer hat den gesamten Zug abgefertigt. Meine Frau musste das ganze Einreiseprocedere durchlaufen, aber der Typ war ganz ok. Ansonsten war der Zug voll mit Kreuzfahrttouristen. Im Sommer legen in dem Tausend-Einwohnerort jeden Tag 4 Kreuzfahrtschiffe an. Tausende Passagiere fluten das Städtchen und fahren mit der Bahn den Klondike-Trail ein Stück hoch, der hier seinen Ausgangspunkt hatte.


Von Skagway sind wir dann mit einer kleinen Cessna nach Juneau geflogen. Dieser Flug ca 500 m über den Fjord, der in Skagway endet hat sich wirklich gelohnt. Ich konnte neben dem Piloten sitrzen, so macht fliegen sogar einem Flugzeug-Muffel wie mir Spaß. Der Weiterflug am nächsten Tag nach Anchorage war ebenfalls interessant, da die Maschine zweimal in den gottverlassenen Orten Yakutat und Cordova zwischengelandet ist. Dadurch ist die Maschine nicht sehr hoch gestiegen und wir konnten bei ausnahmsweise bestem Wetter die beeindruckende Gletscherwelt der Coastal Range sehr gut sehen. Obwohl die Berge mit bis zu 3000 m nicht so hoch sind, wachsen die vielen Gletscher z.T. sogar. Das hängt paradoxerweise auch mit der Erderwärmung zusammen. Der Pazifik ist wärmer als früher, verdunstet also noch mehr Wasser, das sich dann unten als Regen und oben als Schnee niederschlägt.


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Letztlich hat die Fliegerei in Fairbanks in der Mitte von Alaska geendet, jetzt wieder im tagelangen Dauerregen. Von dort ging es dann wieder nach Süden zuerst zur Ortschaft Denalli. Benannt nach dem gleichnamigen Berg. Bis vor ein paar Jahren hieß der Berg noch Mount McKinnley und ist der höchste Berg in Nordamerika mit über 6000 m. Hier starten die Touren in den gleichnamigen Nationalpark. Wir haben ein weiteres Mal Glück gehabt bedingt durch unsere Schusseligkeit. Er hat unaufhörlich geregnet, für das Land sicher gut nach den unzähligen Waldbränden davor.

Morgens sind wir zum verabredeten Zeitpunkt am Treffpunkt für den Ausflug in den Park gewesen. Der Busfahrer hat die Liste nicht gecheckt, wir sind treuherzig eingestiegen und auf einer Husky-Farm gelandet. Wieder zurück hat die sehr nette Rezeptionistin uns eine andere Tour am Nachmittag besorgt. Großes Glück: Es hat aufgeklart, auf der gebuchten Tour hätten wir nur in Regen und Wolken geschaut. So haben wir zwar den Berg nicht gesehen - aber das passiert sowieso nur selten - dafür aber die atemberaubende Landschaft des Parks. Die Vielfalt der Tierwelt hat uns sehr beeindruckt, immer wieder hat der Bus angehalten. Wir sehen: 4 Grizzly-Bären, 3 Elchbullen, 2 Elchkühe mit Kälbern, jede Menge Kariboos, 1 Stachelschwein, diverse Murmeltiere.

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Die weitere Bahnfahrt zum Pazifikhafen Seward über Anchorage war sehr pünktlich. Es gibt ja auch kaum Güterzüge auf der Strecke. Auf der gemächlichen Fahrt bekommt man einen guten Eindruck von der Vielfalt der Landschaft. Am interessantesten ist der Abschnitt von Anchorage nach Seward. Hier muss die Bahn die Coastal Range überwinden und fährt sehr dicht an zwei Gletschern vorbei.



Azamara Quest
In Seward haben wir uns dann auf der Azamara Quest eingeschifft. Es gibt wenig zu berichten über die Fahrt mit diesem etwas älteren Kreuzfahrer nach Japan. Das Schiff war auf seiner eher ungewöhnlichen Route ziemlich ausgebucht. Die beiden Stops in Alaska entlang der Aleuten-Inselkette in Kodiak und Dutch Harbour sind wenig spektakulär. Hat Kodiak wenigstens eine Art Innenstadt so ist Dutch Harbour lediglich eine verstreute Siedlung meist im Nebel, die vom Fischfang und von der Marine lebt.

Im II. Weltkrieg wurde der Ort genau wie Pearl Harbour von den Japanern bombardiert was aber kaum bekannt ist. Es gibt ein kleines aber gut gemachtes Museum, das die schreckliche Geschichte erzählt vor allem den schlimmen Umgang mit den eingeborenen Aleuten. Sie wurden von beiden Seiten - die Japaner hatten zwei der Aleuten-Inseln als einziges US-Territorium besetzt - deportiert. Auch wenn sie das überlebten, konnten sie nicht in ihre Häuser zurück, da diese von den US-Truppen in der Zwischenzeit zerstört worden waren. Ein interessantes Detail: Warum gibt es in Dutch Harbour immer noch eine Russisch-Orthodoxe Kirche? Weil ihre Gläubigen hauptsächlich Aleuten sind, die dort Schutz vor Diskriminierung suchen.

Dritter Stop des Schiffes war dann in Petropalowsk auf der russischen Halbinsel Kamtschatka. Der Versuch, vom Schiff aus einen Helikopter-Flug über die dortigen Vulkane zu organisieren, hat nicht geklappt. Wir hatten ein doppeltes russisches Visum, das wir genau dafür benötigt hätten. Wir haben es nicht gebraucht. Gesehen hätten wir nichts, dafür hingen die Wolken den ganzen Tag lang zu tief. Wir haben halt bloß eine Stadtrundfahrt gemacht. Dafür mussten wir trotzdem das Einreiseprocedere durchlaufen, obwohl das Visum nicht abgestempelt wurde. Glück haben wir dann nochmal gehabt beim Auslaufen des Schiffes in der Abenddämmerung. Es hatte aufgeklart und man konnte die drei schneebedeckten Vulkane in der Nähe der Stadt sehr gut sehen. Ein bedruckender Anblick!

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Japan
Es war eine gute Überlegung, in Kushiro im hohen Norden von Japan auf der Insel Hokkaido auszusteigen und nicht mit dem Schiff bis Tokyo weiterzufahren. Die Züge fahren hier langsam  -  völlig unjapanisch so was  -   man kann in Ruhe die Landschaft betrachten, die Temperaturen sind erträglich und es gibt nicht so viele Leute. Unser erster knapp zweitägiger Stop war in Sapporo. Das ist zwar eine Millionenstadt, aber es geht geruhsam zu. Man kann in Ruhe einen ersten Eindruck vom japanischen Alltag bekommen. Dazu muss masn sich nur in den langgezogenen Park in der Stadtmitte setzen.  Aber teuer ist es in Japan: Schwedische Bierpreise sind angesagt, das Land ist kulinarisch wirklich was besonderes, aber eben teuer. Auch Hotelzimmer haben gesalzene Preise bei sehr kleiner Fläche.

Die Zuggeschwindigkeiten ändern sich radikal, wenn man das "Shinkansen" - System in Shin-Hakodate erreicht. Sapporo ist als einzige Großstadt noch nicht an das System angeschlossen. Die Züge rasen mit 250 bis 300 kmh durch Tunnel  -  der längste verbindet die Hauptinsel Honschu mit Hokkaido  -  und über Viadukte, die von Lärmschutzwänden gesäumt werden. Die sind dringend erforderlich, da die Besiedlung auf der Hauptinsel immer dichter wird. Nur, man sieht nicht so viel vom Land durch die hohe Geschwindigkeit. Häuser mit Reisfeldern dazwischen, hohe grüne Berge im Hintergrund, immer nur wenige Sekunden, dann kommt schon der nächste Tunnel oder die nächste Lärmschutzwand.


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Mit den kanadischen Erfahrungen im Hinterkopf nimmt man eher amüsiert zur Kenntnis, wenn in diesem System mal was nicht klappt. Es ist wirklich extrem pünktlich. Einmal auf über 3000 japanischen Bahnkilometern war einer unserer Züge unpünktlich. Das hat eine unglaubliche Hektik mit viel Geschrei unter den Bahnangestellten ausgelöst. Die Verspätung betrug 3 min. Neben einer hochentwickelten Technik gibt es wirklich sehr viel Personal, sicherlich ein entscheidender Grund für die Perfektion.

Japan ist wirklich ein sehr eigenes Erlebnis. Es ist ein ordnungsmäßig sehr durchorganisierter Staat gegründet auf einer Mentalität, die sehr speziell ist mit dominaten Höflichkeitsregeln und der Unterordnung unter die Regeln der Gesellschaft. Wir haben die Beobachtung während unserer Reise ständig gemacht. Wenn sich asiatisch aussehende Menschen daran nicht gehalten haben, dann waren es meist chinesiche Touristen. Unser Programm war ein übliches Touristenprogramm. Es umfasste Tokyo, den Fudij, Kanazawa, Kyoto, Okajama und Hiroshima. Viele buddistische Tempel und Shinto-Shraine haben wir besucht. In den zuletzt genannten Städten haben wir die drei berühmtesten japanischen Gärten besucht. Sie sind ein Teil der japanischen Identität. Unsere Führungen waren kompetent. Überrascht haben uns doch die eher bescheidenen Englisch-Kenntnisse. Die sprichwörtliche japanische Höflichkeit gleicht aber vieles aus.

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Mein persönlicher Höhepunkt war der Besuch von Hiroshima. Ich habe dort einiges erfahren über den Atombombenabwurf von 1945, das ich vorher nicht wußte. Fertig gemacht hat uns in Japan das schwül-heiße Klima. Es war August und das ist die falscheste Reisezeit für dieses Land. Unser Besuch hat darunter gelitten, wir haben oft keine Energie mehr für irgendetwas gehabt. Wir mussten dann den ganzen Weg zurück nach Jokohama fahren wegen der ausgefallenen Fähre nach Wladiwostok.


Russland
Geplant war von Südjapan aus mit einer koreanischen Fähre mit Zwischenstop in Korea nach Wladiwostok zu fahren.  Die fährt nur einmal pro Woche. Genau in unserer Woche fiel die Fähre aus, angeblich weil Herr Putin genau zu dieser Zeit Manöver vor Wladiwostok durchführen wollte. Dort angekommen, lag am Fährterminal ein Kreuzfahrtschiff. Wahrscheinlich haben die einfach mehr Hafengebühr bezahlt.

Deshalb sind wir vom Flughafen Narita in Tokyo dorthin geflogen. Ein recht kurzer Flug, die Einreise war problemlos. Die russischen Grenzer haben das Visum so abgestempelt, dass wir nochmal hätten einreisen können. Vor uns lag eine Drei-Tage Fahrt nach Ulan Ude. Diese Tage waren klimatisch eine echte Erholung für uns. Wir haben auf dieser Tour das letzte Stück Transib befahren, das wir noch nicht kannten, immer dicht am Fluß Amur entlang, also entlang der chinesischen Grenze. Es war Anfang September, die Stimmung war herbstlich, die Blätter schon bunt verfärbt.

Die drei Tage Fahrt waren geruhsam, das Zweier-Abteil bequem, die Ambiente kannten wir schon von den Fahrten vorher. Die Provodniza konnte etwas deutsch, war aber am Schluss etwas sauer, weil wir bei ihr keinen Kaffee oder Tee bestellt haben, wir hatten einfach genug dabei. Unser Trinkgeld fand sie auch eher bescheiden. Allerdings ist dann etwas für die russische Bahn etwas ungewöhnliches passiert: Der Güterverkehr auf dieser Strecke hat sehr zugenommen, dazu gab es viele Baustellen. Ergebnis: Der Zug kan in Ulan Ude mit 4 1/2 Stunden Verspätung an, auf all unseren Reisen in Russland zuvor hatte es nie eine Verspätung gegeben. Und ich hatte in Kanada einigen amerkanischen Reisenden vorgeschwärmt von der Pünktlichkeit der russischen Bahn, was diese eher konsterniert zur Kenntnis genommen haben.. Als wir am nächsten Tag auf den Zug in die Mongolei gewartet haben, war derselbe Zug wieder verspätet.

Ulan Ude ist eine recht interessante Stadt in der Nähe des Baikal, Hauptstadt der autonomen Republik Burijatien. Einerseits noch sehr sowjetisch geprägt, treffen hier modere russische Bauten auf eine ausgeprägt burijatische buddistische Prägung. Wir hatten bloß einen guten halben Tag für einen Rundgang, hat sich aber gelohnt. Wir sind dann weiter mit der transmongolischen Bahn gefahren, die hier von der Transib abzweigt. Die Landschaft ist schon auf russischer Seite stark mongolisch geprägt, eine weite Grassteppe.

Mongolei
Die Einreise in die Mongolei war vom Prozedere ganz erträglich. Leider  fährt man den mongolischen Teil der Strecke bis bis zur Hauptstadt Ulan Bator bei Nacht, so das der erste Eindruck von diesem Land ein sehr untypischer ist. Allerdings lebt inzwischen die Hälfte der Bevölkerung hier, 1,5  von 3 Mio.. Durch zu viele alte Autos und viel zu wenige öffentliche Verkehrsmittel  ersäuft die Stadt im Verkehr. Die Staus sind ohne Ende und die Luftqualität ist miserabel. Wir waren einen Tag zu viel da. Aber dann haben einen Teil dieses riesigen Landes auf dem Weg nach Karakorum kennengelernt, seine gigantische Weite ist überwältigend. Bei drei Mio. Einwohner hat das Land etwa 80 Mio Tieren. Ständig musste der Fahrer runter vom Gas, weil mal wieder eine Herde Schafe, Kamele, Pferde oder Kühe auf der Fahrbahn waren. Wir haben in einem Jurten-Camp übernachtet, der Aufenthalt dort hätte länger sein können. Es war sehr entspannend dort und unglaublich still.



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Der Guide, der uns auf der Tour begleitet hat, ist ein wirklich hochinteressanter Mensch, ein Arzt, der 9 Jahre in Berlin gelebt, studiert und gearbeitet hat. Außerdem hat noch 2 Jahre in München geforscht über den Zusammenhang zwischen Oral- und Herzerkrankungen. Jetzt hat der Mann eine sehr schlecht bezahlte Stellung als Dozent an der Uni Ulan Bator und verdient sich als Reiseleiter etwas dazu, eine wirklich "sinnvolle" Tätigkeit für einen Arzt. Er ist sehr frustriert von den Zuständen in der Mongolei allgemein und im Gesundheitswesen im Besonderen. Inbesondere die grassierende Korruption stößt ihn ab. Das hätte man 1991, als das Land die parlamentarische Demokratie einführte, so nicht erwartet. Inzwischen ist er gläubiger Buddhist, das hilft ihm mit seinem Frust fertig zu werden.



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Tibet
Die Fahrt von der Mongolei nach Tibet hatte mir im Vorfeld eher Kopfschmerzen bereitet. Gut, letztlich hat alles geklappt, wenn gleich ich alleine das Prozedere wegen der Fahrkarten schon als sehr nervig empfunden habe. Dieser letzte Reiseteil war mit Abstand der anstrengendste. Nicht nur die Visa-Beantragung hatte sich im Vorfeld geändert mit vielen dummen und überflüssigen Fragen vergleichbar mit den peinlichen und dämlichen Fragen der Amerikaner. Es scheint eine Spezialität von großen und mächtigen Nationen zu sein, sich solche Fragen auszudenken.

Schon beim Grenzübertritt in Erlian wird der Unterschied zu früher deutlich. Unsere Grenzübertritte nach China 2003, 2004 und 2008 habe ich trotz Sars-Krise als eher lockere Übung in Erinnerung. Jetzt war alles viel bürokratischer und technisierter, wobei die Technik zum Teil sehr schlecht funktioniert hat. Außerdem ist es sehr lästig, abends mit seinem gesamten Gepäck aus dem Zug auszusteigen, um dann, nachdem alle Kontrollen abgeschlossen waren und der umgespurte Zug schon lange da stand, die Leute bis 2 Uhr nachts warten zu lassen. Immerhin, das hat etwas an die Lockerheit der 00er Jahre erinnert, war ein kleiner Kiosk geöffnet, in dem man u.a. warmes Bier kaufen konnte, um es dann zwischen den Grenzkontrollgeräten, die inzwischen ohne Grenzer dastanden, zu konsumieren.

Erfreulicherweise ist uns das "Tibet-Permit" bereits im Hotel in Ulan Bator zugestellt worden, alledings waren die verschiedenen SMS bezüglich der Fahrkarten nach Lhasa eher verwirrend. Zuerst sollte uns ein Code per SMS geschickt werden, den wir brauchen würden um zusammen mit dem Permit am Pekinger Westbahnhof die Fahrkarten abzuholen. Der kam nicht, stattdessen eine SMS, uns würden die Fahrkarten doch am Ankunftsbahnhof aus der Mongolei kommend (Bejing Railway Station) zugestellt werden. Zuletzt kam eine SMS, dass wir doch gleich an den Westbahnhof fahren sollten und zum dortigen Südplatz gehen. Dort würde uns dann jemand am Flaggenmast (!) jemand um 18 Uhr, zwei Stunden vor Abfahrt, die Karten übergeben.

Wir waren um 15.30 Uhr auf diesem Platz, jede Menge Polizei hat herumgestanden, viele Wanderarbeiter haben dort kampiert vermutlich auf dem Weg nach Hause. Viele kommen aus den westlichen Provinzen, von diesem Bahnhof fahren die Züge dorthin ab. Der Kurier mit den Tickets war dann schon um 17 Uhr da, er hat uns anhand einer Kopie unserer Visa identifiziert. Alles letztlich also kein Problem, nervig war es schon. Die Fahrt nach Lhasa war dann ausgesprochen entspannend. Mitreisende im Abteil war eine junge Dame aus Peking, die etwas Englisch konnte und mit zwei Freundinnen nach Lhasa wollte. Diese waren in einem Abteil mit einem jungen österreichischen Paar untergebracht, die dann später unsere Mitreisenden waren Richtung Nepal. Für sie war Tibet genauso Neuland wie für uns.

Zwei Sätze müssen noch gesagt werden zum Hauptübel im Zug nach Lhasa: Dem Zustand der Toiletten. Da schaffen es die Chinesen eine Bahn über den Permafrost zu bauen, die auf über 5000 m Höhe ansteigt. Die ist mit moderen Toiletten vergleichbar denen in Flugzeugen ausgestattet die dann über die 2 1/2 Tage verdrecken. Sie sind auf den Bahnhöfen verschlossen worden, völlig überflüssig bei dieser Art von Toiletten. Ein sehr großer weißer Mann hat dann in fließendem Chinesisch herumgeschimpft und die recht muffige Schaffnerin dazu gebracht, sie doch zu öffnen. Einen krasseren Gegensatz zu den vergleichbaren Einrichtungen in japanischen Zügen kann man sich gar nicht vorstellen.

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Die Fahrt  selbst war gemächlich und die Landschaft schon in der Inneren Mongolei sehr spektakulär. Man gewöhnt sich an die langsam ansteigende Höhe. Leider überquert der Zug die höchste Stelle, den Tangula-Pass, im Dunkeln am frühen Morgen. Aber es war klar bei Vollmond. Man konnte die durchgefrorene Hochebene gut sehen. Während der kurzen Stops auf ca. 4500 m Höhe bei vielleicht 3 - 5 Grad hat sich dann die Sauerstoffknappheit ganz schön bemerkbar gemacht. Ich bin bereits vor 11 Jahren in Peru und Bolivien längere Zeit in solchen Höhen unterwegs gewesen, aber diesmal hat mir Luftknappheit deutlich mehr zu schaffen gemacht. In Lhasa auf 3600 m  war der Aufstieg auf den Potalla-Palast (Spitze bei 3900 m) eine echte Herausforderung. Aber wir haben es hinbekommen.

Der zweite Faktor, der die tibetische Etappe so anstrengend gemacht hat, ist die Kontrollsucht der chinesischen Behörden. Das fängt schon an, wenn man in Lhasa den Bahnhof verlässt. Für Ausländer ist dort eine Extra-Behandlung vorgesehen. Man wird herausgewunken und registriert. Es hört auf bei der Ausreise in Kylong, wo man Leuten Bücher abgenommen hat, z.B. eine Tibet-Ausgabe von Lonely Planet. Bei der Ausreise ist das besonders intelligent. Dazwischen fanden in der einen Woche 13 - 14 Kontrollen, mal mit mal Gepäckdurchleuchtung mal ohne. Teilweise musste nur die tibetische Reiseleiterin mit den "Permits" aussteigen, teilweise musste sich die ganze Gruppe anstellen. Dass China ein Polizeistaat ist, wird spätestens in Tibet klar. Mit der Erteilung des Permits ist man automatisch Teil einer Gruppe. Sie bestand außer uns und dem österreichischen Paar aus dem Zug aus 4 Briten und einem Kanadier, alles recht nette Leute.


Die uns zugeteilte Reiseleiterin hat von Anfang an deutlich gemacht, dass sie keinerlei politische Fragen zu beantworten gedenkt. Über Religion dagegen könne man sie alles fragen. Für mich als gelernten Politikwissenschaftler natürlich sehr frustrierend. Irgendwann wurde es dann doch noch politisch als ich während der Fahrt Richtung Mt Everest nämlich die Funktion von 4 im Bus angebrachten "Lampen" erfragt habe, die nie geleuchtet haben. Das seien Überwachungskameras, die jeder Bus und jedes Taxi haben müsse, seien immer angeschaltet. Eine ist auf den Fahrer gerichtet, eine auf den Beifahrer, eine auf die Straße und eine in den Fahrgastraum. Alle paar Kilometer, auch da wo es sehr einsam und leer ist,  sind über der Straße Kamerabrücken angebracht vergleichbar den Mautbrücken über deutschen Autobahnen. Alle Fahrzeuge werden regisiert und über sie werden wohl die Daten der Kameras im Fahrzeug weitergeleitet. Der Staat weiß dadurch in Echtzeit, was im Fahrzeug passiert. Wenn ich überlege, wie locker es doch bei unseren Reisen in den 00er Jahren zugegangen ist, und wie offen die Guides damals geredet haben, dann ist die jetztige Entwicklung ganz schön erschreckend.


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Weiterhin sehr anstrengend war für mich die extreme Religiösität der Tibeter, Ich selbst habe nichts mit Religion zu tun und finde es sehr befremdlich, wenn überall in den vielen Klöstern, die wir besucht haben, alte Mütterchen entweder den Mönchen direkt oder unter einer Buddha-Statue Geld zustecken.  Dass sich Menschen aus Glaubensgründender Länge nach auf den Boden werfen, muss man auch erstmal verdauen. Sicherlich ist die Flucht der tibetischen Bevölkerung in die Religion auch eine Reaktion auf das recht dominate Auftreten der Han- Chinesen sei es als Tourist, als Aufpasser oder einfach als Mitbewohner, verständlich. Aber toll fand ich das alles gar nicht.


Unsere Reiseleiter hat uns über den Buddhismus gründlich informiert mit dem Ergebnis, dass ich über diese Religion eher weniger weiß als vorher. Nach der 5. oder 6. religiösen Stätte - wir hatten schon 5 in Japan und der Mongolei besucht - war meine Sättigungsgrenze absolut erreicht. Vor allem weil viele Fragen zum Verhältnis von Religion und Politik, die ich hätte stellen wollen, nicht beantwortet worden wären. Aber insgesamt habe ich ihr Verhalten verstanden, denn sie lebt offensichtlich nicht schlecht vom Tourismus. Von Anfang April bis Ende September macht sie jede Woche die Everest Tour bis zum Grenzübergang plus 1 1/2 Tage Rückweg. Ihr kleines Kind sieht sie in dieser Zeit kaum. Organisatorisch hat sie aber auch der Fahrer wirklich alles gut im Griff gehabt.

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Der bisherige Text könnte den Eindruck vermittelt, dass die ganze Tibet-Reise für mich nur negativ gewesen sei. Dem ist trotz der drei geschilderten Probleme nicht so. Warum: Schon wenn man mit dem Zug auf Lhasa zufährt, ist der gewaltige Wechsel im Landschaftsbild im Vergleich zum übrigen China prägend. Verläßt man das quirlige, geschäftstüchige Lhasa mit dem Bus über steile Pässe, einsame Hochebenen und gelbe Gerstenfelder - dieses Getreibe wächst als einziges Getreide auf bis zu 4000 m Höhe und Grundlage für den Sampa, einen Brei, der die Hauptnahrungsgrundlage für die Tibeter ist - dann schägt einen die gewaltige Landschaft in den Bann. Die chinesische Regierung überzieht das Land mit vielen Autobahnen und  Eisenbahnen, aber zwischen den den Betontrassen wird konsequent Gerste auf eine sehr traditionelle Weise angebaut. Besser kann der Widerspruch, in dem die tibetische Bevölkerung permanent lebt, nicht verdeutlicht werden.


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Nach so vielen Pässen, Gletschern und Hochebenen haben wir schließlich das Basislager am Mt. Everest erreicht. Wir müssen uns zu neun Leuten ein Zelt teilen. Alles ist natürlich chinesisch perfekt organisiert. Das Zelt hat Stromanschluss, auf die Feldbetten sind elektrische Heizdecken gelegt, dann gibt es zwei Bettdecken, eine für unten, eine für obendrüber. Nein, frieren muss man nicht. Aber wir sind die ganze Nacht auf 5000 m Höhe. Jede Bewegung, selbst rumdrehen im Bett, findet unter Luftknappheit statt. Chinesische Reisende berichteten, dass sie nunmehr 3 Tage hier oben ausharrten und nicht vom Everest sahen. Eine viertel Stunde, nachdem wir unser Quartier bezogen hatten, rissen die Wolken auf und wir konnten seine Majestät, den Everest, den höchsten aller Berge, im Abendlicht bewundern. Am nächsten Morgen bei 3 Grad hat sich im Licht der aufgehenden Sonne das Schauspiel nochmal wiederholt. Was für ein Glück.


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Nepal
Die letzte Etappe unserer Reise war dann aus anderen Gründen sehr anstrengend. Ist auf chinesischer Seite die Straße - selbstverständlich - bestens ausgebaut so fängt direkt hinter dem supermoderen, nervigen und neuen Grenzübergang etwas an, dass die Bezeichnung Piste nicht wirklich verdient hat. Das war Geröll mal mit mal ohne Schlamm. Unsere britischen und kanadischen Mitreisenden haben unter dem Eindruck eines Videos, dass schon in Tibet über das Smartphone abrufbar war und einen Erdrutsch nach 60 km der Strecke zeigte, sich entschlossen das Angebot, für 300 $ pro Nase mit dem Hubschrauber nach Kathmandu zu fliegen, anzunehmen. Das österreichische Paar und wir sind beide im nepalesischen Jeep sitzengeblieben.

Die ganze Fahrt vom chinesischen Grenzübergang hat dann ca. 12 Stunden gedauert inklusive nepalesischer Grenze, Übergang am Erdrutsch, Fahrerpause und Stau vor Kathmandu. Durch unser vorhandenes Visum ging es an der Grenze nicht schneller, wir mussten auf die anderen warten, die es sich dort haben ausstellen lassen. Das dauert. Am Erdrutsch waren wir gut beraten 25€ für Träger auszugeben, die unser Gepäck über den Pfad geschleppt haben, der inzwischen über den Rutsch gebahnt worden war. Wir hätten Schwierigkeiten gehabt, es alleine hinzukriegen.


Nepal 1


Aber in der einen Woche seit dem Rutsch hat entlang des Lastwagenstaus ein richtiges Business etabliert  mit Essensversorgung und Gepäckservice. Hinter dem Rutsch hat ein zweiter Jeep auf uns gewartet. Die Geröllpiste wird abgelöst von Löchern mit Asphalt drumherum. Es war schon dunkel als wir dann zwei Stunden vor Kathmandu im Stau gestanden haben, keine besonders angenehme Situation, da viele Fahrzeuge nicht beleuchtet sind. Trotz allem ist es gut gelaufen. die Jeeps haben durchgehalten und fahren können die Jungs da ziemlich gut. Um ca. 22 Uhr haben wir dann ziemlich gerädert in unserem Hotel in der Altstadt von Kathmandu eingecheckt.

Einen Tag sind wir dann noch in Kathmandu herumgelaufen, ein sehr exotische Stadt mit wieder ganz anderen sinnlichen Eindrücken. Wir haben einige bedeutende Bauten und Plätze in der Altstadt angeschaut, aber die Energie war raus nach der letzten sehr anstrengenden Woche. Schade, aber es ging nicht mehr. Der Flug über Istanbul nach Hause war dann pünktlich, der Innenraum zu kalt, entsprechende Kleidung im Bauch der Maschine. Ergebnis: Eine ordentliche Bronchitis in der Woche danach.

Und trotzdem haben wir nochmal Glück gehabt: Nach dem der Everest im Base-Camp seine Hüllen fallen gelassen hatte und wir bei bestem Wetter auf der Fahrt zur Grenze die Rückseite des Himalaya haben sehen können, konnten wir während des Fluges die gesamte westliche Kette des Gebirges über den Wolken sehen. Später sogar den Ararat mit dem Sewan-See von oben. Ein gelungener Abschluss der Reise.